Unterschiedliche Behandlung von Privat- und Kassenpatienten

Im deutschen Gesundheitssystem erleben viele Patienten, dass Privat- und Kassenversicherte unterschiedlich behandelt werden. Dieses Phänomen wird von Medizinern bestätigt und ist überwiegend auf das bestehende Abrechnungssystem zurückzuführen. Ein prägnantes Beispiel liefert der Fall von Stefan H., der mehr als vier Monate auf einen Termin bei einem Kardiologen warten sollte, was aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme keine Option darstellte. Letztlich musste er in die Notaufnahme und wurde operiert, was die Schwierigkeiten und die Dringlichkeit verdeutlicht, die mit der Terminvergabe verbunden sind.

Heike Hartung-Stein, eine erfahrene Arzthelferin, berichtet von ähnlichen Erfahrungen. In ihrer langjährigen Tätigkeit in verschiedenen Arztpraxen stellte sie fest, dass Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversicherung oft mit Verweigerungen konfrontiert wurden, wenn sie einen Folgetermin anforderten. Im Vergleich dazu wurden Privatpatienten oftmals bevorzugt behandelt. Diese Erfahrungsberichte lassen sich nicht ignorieren und werfen ein Licht auf die systematischen Probleme im deutschen Gesundheitssystem.

Blockaden verhindern Reformen

Immer mehr Fachleute im Gesundheitswesen weisen auf die Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung hin. Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Chefin des GKV-Spitzenverbands, hat öffentlich betont, dass es für Privatversicherte oftmals einfacher ist, schnell einen Termin bei Fachärzten zu ergattern, während gesetzlich Versicherte wochenlang warten müssen. Diese Ungleichheit, die 90 Prozent der Bevölkerung betrifft, wird als unhaltbar betrachtet. Der GKV-Spitzenverband fordert daher eine ReformReform Eine Reform bezeichnet eine gezielte Veränderung oder Verbesserung bestehender Strukturen, Gesetze, Systeme oder Prozesse. Ziel ist es, Missstände zu beseitigen, Abläufe zu modernisieren oder gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen anzupassen. Reformen können einzelne Bereiche betreffen oder umfassende Veränderungen auslösen und entstehen oft aus gesellschaftlichem, technischem oder politischen Bedarf. #Erneuerung #Umgestaltung #Neuausrichtung #Strukturreform, die sicherstellen soll, dass die medizinische Notwendigkeit und nicht der Versicherungsstatus über die Vergabe von Terminen entscheidet.

Die Unterschiede in der Versorgung können nicht allein dem Gesundheitssystem angelastet werden. Simon Reif, ein Gesundheitsökonom von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hebt hervor, dass die Grundversorgung in Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut sei. Vielmehr sei es die Budgetierung der Ärzte, die zu diesen Problemen führt. Ist das jährliche Budget eines Arztes ausgeschöpft, erhält er für zusätzliche Leistungen von Kassenpatienten kein zusätzliches Honorar. Dadurch entsteht ein Anreiz, Privatpatienten vorzuziehen, die für jede erbrachte Leistung individuell bezahlt werden.

Die Kluft im Abrechnungssystem

Im Abrechnungssystem des Gesundheitswesens gibt es signifikante Unterschiede zwischen Kassen- und Privatpatienten. Ein Beispiel ist die Vergütung von Hausärzten: Für jeden Patienten erhält ein Hausarzt eine Grundpauschale von etwa 40 Euro, unabhängig davon, wie oft dieser in den nächsten Monaten kommt. Selbst für gängige Untersuchungen wie EKG oder Blutentnahmen gibt es in dieser Abrechnungsordnung keine zusätzliche Vergütung.

Ein behandelnder Arzt äußert, dass er unter diesen Bedingungen schwierig leben kann, und deshalb sind Privatpatienten für Ärzte von großem Wert. Für jede Leistung, die für Privatversicherte erbracht wird, erhält der Arzt eine separate Vergütung, was die Attraktivität der Behandlung von Privatpatienten erhöht. Dies führt dazu, dass manche Ärzte Genehmigungen für gesetzlich versicherte Patienten in Erwägung ziehen, um zusätzliche Einnahmen zu generieren, auch wenn diese Leistungen eigentlich durch die Krankenkasse abgedeckt wären.

Das Geld der Privatversicherten

Das Abrechnungssystem wirft nicht nur bei Kassenpatienten Fragen auf, sondern sogar bei Privatversicherten. Heike Hartung-Stein berichtet, dass in ihrer Praxis gelegentlich zusätzliche, möglicherweise nicht notwendige Leistungen für Privatpatienten erbracht wurden. Ärzte neigen dazu, überflüssige Untersuchungen durchzuführen, etwa bei Oberbauchschmerzen, um höhere Vergütungen zu generieren. Dies führt dazu, dass es immense Preisunterschiede bei der Abrechnung zwischen gesetzlich und privat Versicherten gibt.

In der gegenwärtigen Situation gibt es kaum Hoffnung auf eine einfache Lösung der Ungleichheiten im System. Experten sind sich einig, dass unterschiedliche Versicherungsarten auch in Zukunft zu ungleichen Bedingungen bei der Vergabe von Terminen und der Behandlung führen werden. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob und wie das Gesundheitssystem reformiert werden kann, um diese Probleme anzugehen.

Fazit: Ungleichheiten im Gesundheitssystem

Die bestehende Ungleichheit im deutschen Gesundheitssystem zwischen Privat- und Kassenpatienten ist ein ernstes Problem. Erfahrungen und Fachstimmen zeigen, dass Reformen notwendig sind, um eine gerechtere Verteilung von Ressourcen und Terminen zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen in der Zukunft ergriffen werden, um diese Herausforderungen zu bewältigen.