Rote Meer-Seeweg: Schlüsselfaktor für Deutschlands Handel
Die geoökonomische Bedeutung des Roten Meeres für Deutschland
Eine aktuelle Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts, beauftragt vom Bundeswirtschaftsministerium, hebt die entscheidende Rolle des Seewegs über das Rote Meer für die deutsche Wirtschaft hervor. Etwa zehn Prozent aller deutschen Importe passieren den Suezkanal und die Straße von Bab al-Mandab, zwei Schlüsselrouten, die über das Rote Meer führen. Diese Verkehrsadern sind wesentlich für den Import verschiedener kritischer Rohstoffe und Vorprodukte für die Industrie.
Die Seepassage spielt somit eine besondere geoökonomische Rolle für Deutschland. Ifo-Handelsexpertin Lisandra Flach beschreibt diese Abhängigkeit als essentiell für die Aufrechterhaltung der industriellen Produktivität. Die Untersuchung identifiziert insgesamt sechs maritime Engpässe, die für den Import unerlässlich sind und analysiert die Ströme im Jahr 2023. Neben den genannten Wasserwegen werden auch die Straße von Hormus, die Straße von Malakka, die Taiwanstraße und der Panamakanal in den Fokus genommen.
Analyse der Importströme
Laut der Studie sind neben dem Suezkanal und der Straße von Bab al-Mandab weitere Schlüsselwege für die deutschen Importe von Bedeutung. Die Straße von Malakka, die über 8,7 Prozent der Importe abwickelt, und die Taiwanstraße mit einem Anteil von 7,1 Prozent sind ebenfalls wichtig. Im Gegensatz dazu war der Panamakanal 2023 für lediglich 0,5 Prozent der Importe verantwortlich, während die Straße von Hormus nur 0,4 Prozent des Handelsvolumens ausmachte.
Die Studie zeigt, dass die Abhängigkeit von bestimmten Meerengen je nach Branche stark variiert. Besonders auffällig sind Rohstoffe im Industriebereich, bei denen bestimmte Produkte eine Abhängigkeit von über 90 Prozent aufweisen können. So müssen beispielsweise 97,2 Prozent der Importe von unverarbeitetem Glimmer, einem Rohstoff, der in der Elektroindustrie Verwendung findet, über den Suezkanal transportiert werden. Dies verdeutlicht die strategische Bedeutung dieser Seewege für die deutsche Industrie.
Folgen von Störungen auf den Seewegen
Die Analyse weist zudem darauf hin, dass der globale Handel stark auf eine Handvoll strategischer Seewege angewiesen ist. Studienautorin Katharina Erhardt von der Universität Düsseldorf betont, dass Blockaden oder Störungen auf diesen Routen gravierende wirtschaftliche Auswirkungen für Deutschland haben können. Ein Beispiel hierfür sind jüngste Angriffen der Huthi-Rebellen im Jemen, die Handelsschiffe im Roten Meer attackierten. Solche Ereignisse können kurzfristig die Lieferketten erheblich beeinträchtigen und die Versorgung gefährden.
Die Huthi-Miliz wird als Teil einer von Iran geführten Achse betrachtet, die sich gegen Israel und die USA richtet. Diese geopolitischen Spannungen erhöhen das Risiko für den freien Seehandel. Angesichts eines sich verändernden geopolitischen Klimas ist es für die Bundesregierung wichtig, sicherzustellen, dass die Handelsrouten auch in Krisenzeiten verlässlich sind.
Sicherheitsstrategien für maritime Handelswege
Christoph Ploß, Koordinator der Bundesregierung für maritime Wirtschaft und Tourismus, unterstreicht die Notwendigkeit verlässlicher Seewege für die Versorgung mit Rohstoffen und wichtigen Gütern. Dies ist besonders in Krisensituationen von Bedeutung. Er fordert eine integrierte Sicherheitsstrategie, die nicht nur militärische Aspekte, sondern auch wirtschaftliche Sicherheit berücksichtigt. Unternehmen werden aufgefordert, sich auf mögliche Blockaden von Meerengen vorzubereiten, um die betriebliche Kontinuität sicherzustellen.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat darauf hingewiesen, dass die Handelsschifffahrt stärker in die nationale Sicherheitsarchitektur einbezogen werden sollte. So fehlt es an einem dauerhaften Forum, in dem die Bundesregierung und die Handelsmarine zusammenarbeiten können, um etwaige Gefahren frühzeitig zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen. VDR-Hauptgeschäftsführer Martin Kröger hat betont, wie wichtig es ist, dass die maritime Wirtschaft angemessen in sicherheitspolitische Überlegungen einfließt.
Fazit: Strategische Bedeutung der Seewege für Deutschland
Die Untersuchung verdeutlicht die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von strategischen Seewegen, insbesondere über das Rote Meer. Angesichts geopolitischer Spannungen und potenzieller Störungen ist es unerlässlich, diese Routen abzusichern und Unternehmen sowie die Politik auf mögliche Risiken vorzubereiten. Die Sicherheit und Zuverlässigkeit der maritimen Handelswege müssen in die nationale Sicherheitsstrategie integriert werden.