| Pressemitteilung

Titelseite der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom aktualisiert. Die zentralen Veränderungen betreffen Empfehlungen zur PSA-basierten Früherkennung, zum verstärkten Einsatz der MRT-Diagnostik sowie zur aktiven Überwachung bei Niedrigrisiko-Tumoren.

Berlin, 02.07.2025. Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom in seiner achten Auflage aktualisiert. Diese Überarbeitung wurde von der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. geleitet und involvierte 21 weitere Fachgesellschaften sowie vom Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. unterstützte Patientenvertreter. Die Leitlinie stellt nun eine risikoadaptierte PSA-basierte Früherkennung in den Fokus, erweitert die Nutzung der MRT-Diagnostik und empfiehlt eine aktive Überwachung bei Niedrigrisiko-Tumoren. Die früher übliche Tastuntersuchung der Prostata wird in der Früherkennung nicht mehr empfohlen, behält jedoch ihre Bedeutung für die individuelle Risikoabschätzung und Diagnostik. Die Aktualisierung wurde von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Programms finanziert. Prostatakrebs stellt die häufigste bösartige Tumorerkrankung bei Männern dar, mit ca. 74.900 Neuerkrankungen im Jahr 2022, die vor dem 50. Lebensjahr selten auftaucht.

Früherkennung: Neuer Standard durch PSA-Test

Im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennung können Männer ab einem Alter von 45 Jahren jährlich eine digitale rektale Untersuchung (DRU) in Anspruch nehmen, für die die Krankenkassen aufkommen. Die neue Leitlinie spricht sich jedoch explizit gegen die DRU in der Früherkennung aus und empfiehlt stattdessen, Männern desselben Alters – nach Rücksprache mit einem Arzt – ein PSA-basiertes Screening anzubieten. Diese Methode wird durch eine Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) realisiert. Bei einem sehr niedrigen PSA-Wert soll die nächste Kontrolle erst nach fünf Jahren erfolgen; andernfalls ist eine zwei-jährige Kontrolluntersuchung ratsam. Liegt der bestätigte PSA-Wert über 3 ng/ml, sind weitere Abklärungen notwendig. Die DRU kann dennoch ergänzend zur individuellen Risikoabschätzung in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Auffälligkeiten im PSA-Wert oder Verdacht auf andere Erkrankungen.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Tastuntersuchung im Vergleich zum PSA-Test in ihrer Wirksamkeit deutlich unterlegen ist. Häufig führt sie sowohl zu einem hohen Anteil an falsch-negativen als auch falsch-positiven Ergebnissen, was zusätzliche, potenziell riskante Abklärungen nach sich ziehen kann. Diese Umstellung auf eine PSA-basierte Strategie gilt als ein Schritt in Richtung einer evidenzbasierten Frühdiagnose, die Risikofaktoren berücksichtigt. Experten hoffen, dass die entsprechenden Regelungen zur gesetzlichen Früherkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anhand dieser neuen Empfehlungen überprüft und angepasst werden.

Diagnostik: Stärkung der MRT und Reduzierung unnötiger Biopsien

Der Abschnitt zur Diagnostik wurde umfassend überarbeitet, wobei der Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata in der Primärdiagnostik gestärkt wird. Hierbei erfolgt eine Differenzierung nach Risiko und diagnostischer Relevanz. Besonders wichtig ist die neue Empfehlung, dass bei PI-RADS 1 und 2-Befunden, die eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Prostatakarzinoms anzeigen, auf eine Biopsie verzichtet werden sollte. Diese Anpassung zielt darauf ab, unnötige und belastende Eingriffe zu vermeiden, die oft mit Risiken und Komplikationen verbunden sind.

Zusätzlich enthält die überarbeitete Leitlinie aktualisierte Empfehlungen zur Diagnostik, die folgende Aspekte abdecken:

  • Indikation und Durchführung bildgestützter Biopsien
  • Diagnostik bei familiärer/genetischer Prädisposition, einschließlich Empfehlungen zur humangenetischen Beratung
  • Stadieneinteilung basierend auf modernen bildgebenden Verfahren wie MRT und PSMA-PET/CT.

Therapie: Aktive Überwachung bei Niedrigrisiko-Tumoren

Ein zentraler Aspekt der neuen therapeutischen Richtlinien bezieht sich auf die Behandlung von lokal begrenzten Niedrigrisiko-Tumoren. Für diese häufig harmlosen Tumoren wird nun ausschließlich die aktive Überwachung empfohlen, während die primäre lokale Therapie durch Operation oder Strahlentherapie zunehmend an Bedeutung verliert. Dies gilt ebenso für Tumoren mit günstigem intermediärem Risiko. Die Strategie der aktiven Überwachung zielt darauf ab, Überbehandlungen zu vermeiden und gleichzeitig die Patienten kontinuierlich zu beobachten, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können. Die überarbeitete Leitlinie ergänzt zudem neue Therapieoptionen für Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, um die therapeutischen Möglichkeiten zu erweitern.

Leitlinienprogramm Onkologie

Das Leitlinienprogramm Onkologie bietet systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, um die angemessene Vorgehensweise bei spezifischen Gesundheitsproblemen zu unterstützen. Es zielt darauf ab, die Qualität der medizinischen Versorgung zu fördern und Transparenz zu schaffen. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) sowie die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich zur Förderung von evidenzbasierten Leitlinien verpflichtet, die für die klinische Praxis relevant sind. Zuletzt umfasst das Programm 36 S3-Leitlinien, von denen viele auch als verständliche Patientenleitlinien vorliegen. Weitere Informationen sind auf der Website des Leitlinienprogramms Onkologie verfügbar.

Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) ist mit etwa 7700 Mitgliedern die größte Vertretung von Urologinnen und Urologen in Deutschland. Sie fördert aktiv Wissenschaft, Forschung und Innovation in der Urologie und unterstützt die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitglieder. Die DGU trägt zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen urologischen Versorgung für Patienten in Deutschland bei. Ihr Wissenstransferzentrum UroEvidence sorgt für eine systematische Aufarbeitung von wissenschaftlichen Evidenzen und bietet organisatorische Unterstützung für Leitliniengruppen innerhalb der Urologie.

Fazit: Aktualisierte S3-Leitlinie zu Prostatakarzinom bietet evidenzbasierte Empfehlungen