Der Konfliktbegriff im digitalen Zeitalter

Die Frage, ab wann von Krieg gesprochen werden kann, hat in der heutigen Zeit, besonders im Kontext von Cyberangriffen, eine neue Dimension erreicht. Oberst Sönke Marahrens, ein Militärstratege der Bundeswehr, bringt anschaulich zum Ausdruck, wie vielschichtig das Verständnis von Krieg geworden ist. Traditionell assoziieren Menschen Krieg mit direkten militärischen Auseinandersetzungen, wie etwa einem Angriff auf ein Kriegsschiff. Aber was geschieht, wenn subtile Methoden, wie Sabotage oder Cyberattacken, zur Schädigung militärischer Infrastruktur eingesetzt werden? An einem Beispiel wird dies deutlich: Im Jahr 2025 wurde die Korvette „Emden“ vor ihrer Auslieferung an die deutsche Marine sabotiert. Diese Art von Angriff zeigt, dass hybride Kriegsführung ernstzunehmende Bedrohungen für die Sicherheit eines Landes darstellt. Die Zunahme solcher Vorfälle macht deutlich, dass hybride Bedrohungen mittlerweile eine komplexe Herausforderung für Staaten darstellen.

Hybride Bedrohungen im europäischen Kontext

Mit einem kontinuierlichen Anstieg hybrider Angriffe sieht sich Europa konfrontiert. Auf einer Sicherheitstagung des Bundeskriminalamts in Wiesbaden warnen Experten aus verschiedenen Bereichen, darunter Militär, Polizei und Wissenschaft, eindringlich vor den ernsthaften Bedrohungen, denen die demokratischen Gesellschaften ausgesetzt sind. Vizepräsidentin des deutschen Inlandsgeheimdienstes, Silke Willems, betont, dass Deutschland tagtäglich Ziel solcher Angriffe ist. Diese Bedrohungen kommen nicht nur aus dem Ausland, sondern auch aus inneren Konflikten, die die Demokratie unter Druck setzen. Politische Entscheidungsträger wie Innenminister Alexander Dobrindt und BKA-Präsident Holger Münch weisen darauf hin, dass die Situation alarmierend ist. Der Druck auf demokratische Institutionen wird durch eine Vielzahl von Angriffsvektoren verstärkt, die sowohl von äußeren als auch inneren Kreisen ausgehen.

Kampf gegen hybride Bedrohungen und Cyberkriminalität

Bei der Bekämpfung hybrider Bedrohungen setzen Sicherheitsbehörden verstärkt auf kosteneffiziente Operationen. Der BKA-Präsident Holger Münch erläutert, dass solche Operationen häufig durch „Low-Level-Agents“ durchgeführt werden – Personen, die oftmals unwissentlich in kriminelle Netzwerke involviert sind und für geringen Lohn tätig werden. Dies stellt eine Herausforderung dar, da viele dieser Täter aus prekären Verhältnissen stammen und über soziale Medien angeworben werden. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, plant Innenminister Dobrindt, die Reaktionsmöglichkeiten Deutschlands zu verstärken. Die Sicherheitsbehörden sollen künftig in der Lage sein, auch aktiv gegen Cyberangriffe vorzugehen. Ein Beispiel für diesen verstärkten Ansatz ist die Bekämpfung der Schadsoftware „Emotet“, die seit 2021 gezielt abgeschaltet wurde. Die Effektivität von Operationen gegen Cyberkriminalität hat dabei erheblich zugenommen, sodass jetzt auch spezifische Serverattacken auf Täterserver durchgeführt werden können.

Innere Herausforderungen: Vertrauenskrise in die Demokratie

Neben äußeren Bedrohungen durch Cyberkrieg und Desinformation stellt auch der innere Zustand der Gesellschaft eine ernsthafte Herausforderung dar. Das Vertrauen der Bürger in demokratische Institutionen nimmt ab, und die Verbreitung von Fake-News und Desinformationen trägt zur Destabilisierung bei. Diese Problematik wird durch umfangreiche hybride Kriegsführungsstrategien verschärft, die darauf abzielen, demokratische Gesellschaften zu destabilisieren. Insbesondere politische Parteien wie die AfD stehen in der Kritik, da ihre Nähe zu russischen Interessen in der öffentlichen Debatte immer wieder thematisiert wird. Der Verdacht, dass solche politischen Akteure möglicherweise als Instrumente für ausländische Mächte fungieren, wirft einen Schatten auf die Integrität des politischen Systems.

Entscheidende Maßnahmen für die nationale Sicherheit

Die Ausgestaltung der nationalen Sicherheitsstrategie wird entscheidend beeinflusst durch den Umgang mit hybriden Bedrohungen. Die jüngsten Entwicklungen haben dazu geführt, dass Maßnahmen wie der Einsatz von Militär im Inland, insbesondere im Zusammenhang mit Drohneneinsätzen, diskutiert werden. Auch die Aufbau von spezialisierten Einheiten zur Abwehr von Cyberattacken wird angestrebt. Um der Herausforderung wirksam begegnen zu können, wird ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz zur hybriden Kriegsführung gefordert. Militärstratgie Sönke Marahrens unterstreicht in diesem Kontext, wie wichtig es ist, ein starkes und widerstandsfähiges Deutschland zu fördern.

Fazit: Eine neue Ära der Bedrohungen

Im digitalen Zeitalter ist die Definition von Krieg und Bedrohung einer erheblichen Veränderung unterworfen. Hybride Angriffe, die sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland ausgehen, erfordern ein neues Verständnis von Sicherheitsstrategien. Die Herausforderungen, die sich aus der Erosion des Vertrauens in demokratische Institutionen ergeben, sind ebenso bedenklich wie die äußeren Bedrohungen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Deutschland sich mit Entschlossenheit und kreativen Ansätzen gegen diese vielfältigen Bedrohungen positioniert.