RKI-Studie: Geringe Gesundheitskompetenz in Deutschland
Überblick über die Gesundheitskompetenz in Deutschland
Aktuelle Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen, dass viele Deutsche Schwierigkeiten haben, Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Befragungen im Rahmen der Studie „Gesundheit in Deutschland“ belegen, dass zahlreiche Personen mit der Interpretation von Krankheitssymptomen, der Auswahl von Gesundheitsinformationen und anderen gesundheitlichen Entscheidungen überfordert sind. So fällt es vielen insbesondere schwer, fundierte Impfentscheidungen zu treffen und die Wichtigkeit von Sport zu erkennen. Diese Ergebnisse werfen ein Licht auf die erhebliche Gesundheitskompetenz, die in der Bevölkerung oft vermisst wird.
Gesundheitskompetenz und Bildung
Die Daten der RKI-Studie zeigen, dass rund 80 % der Erwachsenen in Deutschland eine niedrige allgemeine Gesundheitskompetenz aufweisen. Besonders besorgniserregend ist, dass nicht nur Personen mit niedrigem Bildungsstand betroffen sind, sondern auch Menschen mit mittlerer und sogar höhem Bildungsniveau. Susanne Jordan, Gesundheitswissenschaftlerin am RKI, weist darauf hin, dass eine Vielzahl von Falschinformationen und die Komplexität des Gesundheitswesens diese Situation verschärfen. Zudem sind die Grundlagen einer gesunden Ernährung oft nicht ausreichend bekannt, was sich in den Ergebnissen widerspiegelt: Über 50 % der Männer haben Schwierigkeiten, gesunde Ernährungsentscheidungen zu treffen, während bei Frauen etwas mehr als ein Drittel betroffen ist. Judith Fuchs vom RKI hebt zudem hervor, dass finanzielle Aspekte eine Rolle spielen, da eine gesunde Ernährung oft als kostspielig wahrgenommen wird.
Soziale Ungleichheiten im Gesundheitssystem
Ein gravierender Befund der aktuellen Studie ist die fortbestehende und in einigen Bereichen sogar zunehmende gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland. Personen mit niedrigem Einkommen oder Bildungsstand sind signifikant häufiger von gesundheitlichen Einschränkungen betroffen. Jens Hoebel, der beim RKI für soziale Einflussfaktoren auf die Gesundheit zuständig ist, verdeutlicht, dass diese Ungleichheiten nicht nur bei körperlichen Erkrankungen, sondern auch in Bezug auf die psychische Gesundheit festzustellen sind. Beispielsweise zeigt sich, dass in der Gruppe der niedrig Gebildeten doppelt so viele Fälle von Diabetes dokumentiert werden als bei höher Gebildeten. Angstsymptome und chronische Erkrankungen sind ebenfalls häufiger anzutreffen.
Schwächen in der Gesundheitsvorsorge
Die Analyse des Public Health Index der AOK zeigt, dass Deutschland im internationalen Vergleich in der politischen Gesundheitsvorsorge hinter anderen Ländern zurückbleibt. In mehreren der untersuchten Bereiche, darunter Tabak, Alkohol und Ernährung, reiht sich Deutschland auf den hinteren Rängen ein. Bei der körperlichen Aktivität belegt das Land Platz zehn unter 18 Vergleichsnationen. Die Förderung von Gesundheitskompetenz wird in anderen Ländern wie Österreich gezielt in die politische Agenda integriert; dort wurde sogar ein eigenes Gesundheitsziel für die Verbesserung der Gesundheitskompetenz veröffentlicht.
Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz
Die Studie empfiehlt Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz durch verbesserte Informations- und Bildungsangebote. Judith Fuchs betont, dass ein besseres Verständnis durch Patientenfragen gefördert werden sollte, um ein proaktives Engagement in Fragen der Gesundheit zu ermöglichen. Weitere effektive Strategien wären etwa eine Zuckersteuer oder die Erhöhung der Tabaksteuer, um gesündere Lebensentscheidungen zu unterstützen. Diese Maßnahmen sind bisher nicht umfassend ausgeschöpft worden.
Die Rolle der sozialen Umgebung in der Gesundheitsprävention
Der Sozialepidemiologe Jens Hoebel hebt hervor, dass strukturelle Maßnahmen erforderlich sind, um soziale Ungleichheiten im Gesundheitsbereich abzubauen. Um Gesunde zu fördern, sollten unter anderem Stadtplanungsprojekte implementiert werden, die Schadstoffe minimieren und die Lebensbedingungen verbessern. Bereiche wie die Errichtung verkehrsberuhigter Zonen können als Vorbild dienen. Hoebel stellt fest, dass auch Menschen mit gleichem Einkommen und Bildungsgrad eine schlechtere Gesundheit aufweisen, wenn sie in benachteiligten Wohngegenden leben.
Fazit: Der Handlungsbedarf ist groß
Zusammenfassend zeigt die RKI-Studie die komplexen Herausforderungen der Gesundheitskompetenz in Deutschland auf. Ein Großteil der Bevölkerung hat Schwierigkeiten, eigenständig für die eigene Gesundheit zu sorgen, während soziale Ungleichheiten signifikant die gesundheitliche Situation verschärfen. Um den Herausforderungen zu begegnen, sind sowohl politische Maßnahmen als auch strukturelle Veränderungen unerlässlich, um die Gesundheitskompetenz und -chancen in der Gesellschaft zu verbessern.

