Abtreibungsrecht in Deutschland: Ein gesellschaftlicher Konflikt

In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich strafbar, allerdings bleiben Frauen in der Regel straffrei. Diese Regelung hat zu einer hitzigen gesellschaftspolitischen Debatte geführt, in der es zwei überwiegend gegensätzliche Positionen gibt: Die eine Seite fordert die Entkriminalisierung von Abtreibungen, während die andere für eine Beibehaltung der bestehenden Rechtslage eintritt. Die Ex-Ampelregierung hatte im Jahr 2024 eine Expertenkommission eingesetzt, die eine Empfehlung zur Entkriminalisierung aussprach. Dies führte zu stärkeren Forderungen von Verbänden, insbesondere der Grünen, während CDU, die katholische Kirche und Caritas gegen die ReformReform Eine Reform bezeichnet eine gezielte Veränderung oder Verbesserung bestehender Strukturen, Gesetze, Systeme oder Prozesse. Ziel ist es, Missstände zu beseitigen, Abläufe zu modernisieren oder gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen anzupassen. Reformen können einzelne Bereiche betreffen oder umfassende Veränderungen auslösen und entstehen oft aus gesellschaftlichem, technischem oder politischen Bedarf. #Erneuerung #Umgestaltung #Neuausrichtung #Strukturreform sind.

Befürworter einer Reform hatten gehofft, dass noch vor der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 über einen entsprechenden Gesetzentwurf abgestimmt würde. Doch im Rechtsausschuss fand sich keine ausreichende Mehrheit, um das Thema auf die Agenda des Parlaments zu setzen. Mit der Konstituierung des neuen Bundestages am 25. März 2025 wurden alle offenen Gesetzentwürfe hinfällig, was die Debatte um das Thema erneut in den Hintergrund rückt. Der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sorgt bereits für Kontroversen.

Rechtslage und aktuelle Regelungen

Die geltenden Regelungen für Abtreibungen sind im Paragraf 218 des Strafgesetzbuches verankert. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland illegal, aber straffrei, wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis erfolgt und die betroffene Frau sich zuvor einer Beratung unterzogen hat. Ausnahmen bestehen zudem bei Vergewaltigungen oder wenn das Leben der Frau oder ihre körperliche oder seelische Gesundheit gefährdet ist. Eine wichtige Grundlage für den deutschen Umgang mit Abtreibungen stellt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1993 dar. Das Gericht wies eine gesamtdeutsche Fristenregelung zurück und betonte den staatlichen Schutz des menschlichen Lebens, auch des ungeborenen.

Im aktuellen Koalitionsvertrag ist vermerkt, dass der Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgungsangebote für Frauen in Konfliktsituationen verbessert werden soll. Es wird ein erweiterter Zugang zur Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung angestrebt. Bisher übernehmen die Krankenkassen die Kosten für einen Abbruch nur in bestimmten Ausnahmefällen, was einen hohen finanziellen Druck für Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, bedeutet.

Empfehlungen der Expertenkommission

Die vom ehemaligen Ministerium für Familie eingesetzte Expertenkommission empfahl im April 2024, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen grundsätzlich zu erlauben. Diese Regelung sollte der verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung standhalten. Für den Zeitraum zwischen der zwölften und der 22. Schwangerschaftswoche empfahl die Kommission, dass der Gesetzgeber individuell festlegen könne, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch straffrei bleiben kann. Ein generelles Verbot nach der 22. Woche wurde für notwendig erachtet, da das damalige Urteil des Bundesverfassungsgerichts dies als maßgeblich ansieht.

Die Expertenkommission trat mit einer einheitlichen Stimme auf und forderte, dass auch bei einer Vergewaltigung oder medizinischen Indikationen Ausnahmen auch in späteren Phasen der Schwangerschaft möglich sein sollten. Diese Empfehlungen stießen jedoch auf Widerstand, insbesondere von Seiten der Union und der Kirchen, die das ungeborene Leben bestmöglich geschützt sehen wollen. Die katholische Kirche spricht sich deutlich gegen eine Entkriminalisierung aus und sieht die bestehende Regelung als verfassungsrechtlich notwendig an, um das ungeborene Leben zu schützen.

Gesetzentwürfe und fehlende Mehrheiten

Im Oktober 2024 legten 26 Verbände, die sich intensiv mit dem Thema Abtreibung auseinandersetzen, einen eigenen Gesetzentwurf vor. Dieser forderte die vollständige Streichung von Paragraf 218 sowie die Erlaubnis von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 22. Woche, die dann auch von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden sollten. Zu den unterstützen Verbänden zählten unter anderem das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und Pro Familia. In der politischen Auseinandersetzung gab es auch einen Gesetzentwurf von Fraktionen der SPD, Grünen und Linken, der eine Legalisierung bis zur zwölften Woche vorsah. Doch die Bemühungen um eine gesetzliche Reform scheiterten an der fehlenden Mehrheit im Rechtsausschuss, was zur Absetzung aller offenen Gesetzentwürfe infolge der Neuwahlen führte.

Zusätzlich trat im Januar 2024 ein Gesetz in Kraft, das schwangere Frauen vor Belästigungen durch Abtreibungsgegener schützt. Als Maßnahmen wurden hohe Geldstrafen für Verstöße festgelegt. Im Juni 2022 wurde zudem das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche (§219a StGB) abgeschafft, wodurch Ärzte wieder über den Ablauf und die Durchführung von Abtreibungen informieren dürfen.

Fazit: Konflikt und Perspektiven

Die Diskussion über das Abtreibungsrecht in Deutschland bleibt komplex und polarisiert. Unterschiedliche Werte, Überzeugungen und Interessen prallen aufeinander, was sich in den unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Positionen widerspiegelt. Die Empfehlungen der Expertenkommission zur Entkriminalisierung könnten einen Wendepunkt darstellen, sind aber ohne bereits bestehende Mehrheiten im Parlament kaum umsetzbar. Letztlich ist die Frage, wie der Staat mit dem Schutz des ungeborenen Lebens und dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen umgeht, ein zentraler Konflikt, der die künftige rechtliche Kultur Deutschlands prägen wird.