Bundestag prüft Online-Verfahren in der Zivilgerichtsbarkeit
Einführung des Online-Verfahrens in der Ziviljustiz
Am Mittwoch, den 15. Oktober 2025, fand eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Paul-Löbe-Haus in Berlin statt, in der der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit im Fokus stand. Dieser Entwurf, der als bedeutender Schritt für eine moderne Ziviljustiz betrachtet wird, stieß auf überwältigende Zustimmung von Experten aus Theorie und Praxis. Es wurden jedoch auch kritische Punkte angesprochen, die eine frühzeitige Evaluation des Gesetzes erforderlich machen. Diskutiert wurden hierbei insbesondere Hemmnisse der Digitalisierung, das richterliche Ermessen bei der Verfahrenswahl sowie die Gebührenstruktur innerhalb des Online-Verfahrens.
Digitale Transformation der Justiz
Der Entwurf des Gesetzes stellt fest, dass die weitere Digitalisierung der Justiz eine grundlegende Bedingung für einen zeitgemäßen, bürgerfreundlichen Rechtsstaat darstellt. Durch den Einsatz moderner Technologien soll es möglich werden, Verfahren zu beschleunigen, den Zugang zur Justiz zu erleichtern und die Effizienz der Gerichte zu steigern. Geplant ist, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Ansprüche im Bereich niedriger Streitwerte durch ein einfaches, nutzerfreundliches und barrierefreies Online-Verfahren geltend machen können. Ziel ist die bundesweite Bereitstellung digitaler Eingabesysteme, die eine nahtlose Kommunikationsplattform schaffen. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Online-Verfahren an Pilotgerichten einzuführen und es somit zu einer neuen Verfahrensart in der Zivilgerichtsbarkeit zu machen.
Vorteile und Herausforderungen des Online-Verfahrens
Experten, darunter Gudrun Schäpers, Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm, haben den Entwurf als Meilenstein bezeichnet. Sie betont die Wichtigkeit von Reformen in der Ziviljustiz. Insbesondere bei Massenverfahren und standardisierten Verfahren können moderne Technologien für eine schnellere Bearbeitung der Fälle sorgen und den Zugang zur Justiz erleichtern. Prof. Dr. Bettina Mielke, Präsidentin des Landgerichts Ingolstadt, hebt hervor, dass die Schaffung einer Kommunikationsplattform von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Online-Verfahrens sein wird. Dennoch gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Akzeptanz des Verfahrens sowie konzeptionelle Herausforderungen, die angegangen werden müssen. Wichtig ist, die rechtlichen und technischen Anforderungen gut aufeinander abzustimmen, um ein effektives Verfahren sicherzustellen.
Nutzerfreundlichkeit als Schlüsselfaktor
Ein wesentlicher Aspekt der digitalen Transformation ist, dass die Online-Angebote für alle Nutzergruppen zugänglich und verständlich sind. Prof. Dr. Giesela Rühl von der Humboldt-Universität zu Berlin mahnt an, dass der Anwendungsbereich des Online-Verfahrens ausgeweitet werden sollte. Außerdem gilt es, den Evaluationsprozess zu optimieren, um die Nutzerfreundlichkeit der Plattformen schnellstens zu gewährleisten. Dr. Dirk Behrendt, Richter am Amtsgericht Neukölln, fordert, dass spezifische Verfahren wie Fluggastrechte ausdrücklich im Gesetzestext genannt werden sollten. Er betont die Wichtigkeit, dass auch mündliche Verhandlungen in Präsenz beibehalten werden, wenn dies erforderlich ist.
Einbindung der Rechtsberatenden Berufe und Perspektiven
Die Einbindung derjenigen, die rechtliche Dienstleistungen anbieten, ist entscheidend für den Erfolg des Online-Verfahrens. Vizepräsidentin der Bundesrechtsanwaltskammer, Sabine Fuhrmann, unterstreicht, dass die Digitalisierung nicht nur technische Aspekte berücksichtigen darf, sondern auch die Grundsätze des klassischen Zivilprozesses aufrechterhalten muss. Zudem betont Markus Hartung, ein Rechtsanwalt und Mediator, dass die frühzeitige Einbeziehung von Nutzerperspektiven und Datenschutzaspekten zentral für das Gelingen des Projektes ist. Es ist unerlässlich, dass das Online-Verfahren von den Rechtsuchenden akzeptiert und genutzt wird, um Vertrauen in den digitalen Rechtsverkehr zu schaffen und die Modernisierung der Justiz voranzutreiben.
Fazit: Chancen der Digitalisierung nutzen
Der Gesetzentwurf zur Einführung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit stellt eine wesentliche Maßnahme für die Weiterentwicklung der Justiz dar. Die geplanten Reformen bieten die Chance, die Effizienz zu steigern und den Zugang zur Justiz zu erleichtern. Um diese Ziele zu erreichen, sind eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Akteure sowie eine frühzeitige Einbeziehung der Nutzerperspektive notwendig. Die angestrebte Gleichwertigkeit zu analogen Verfahren und die Sicherstellung von Datenschutz und Benutzerfreundlichkeit sind Schlüssel zu einer erfolgreichen Umsetzung des Vorhabens.

