Ökonom Klaus Regling warnt vor drohendem Wohlstandsverlust in Deutschland
Prognose eines Wohlstandsverlustes in Deutschland
Klaus Regling, ehemaliger Geschäftsführer des Euro-Rettungsfonds (ESM), warnt in einem aktuellen Interview, dass Deutschland vor einem signifikanten langfristigen Wohlstandsverlust steht. Regling, der mit seinen 75 Jahren auf eine lange Karriere in der Ökonomie zurückblicken kann, äußert die Besorgnis, dass selbst bei einer stärkeren wirtschaftlichen Erholung das verfügbare Realeinkommen der Deutschen tendenziell sinken wird. Diese Einschätzung stellt ein ernsthaftes Problem dar, da das grundlegende Versprechen, dass künftige Generationen wirtschaftlich besser gestellt sein werden als ihre Vorgänger, nun in Frage steht.
Regling sieht diese Situation als eine potenzielle Quelle von Frustration, die die politische Landschaft destabilisieren könnte. Er befürchtet, dass sich viele Menschen von herkömmlichen Parteivorstellungen abwenden und populistischen Bewegungen Zuwendung schenken könnten. Dies könnte langfristig die Stabilität der Demokratie gefährden, da Wähler sich durch wirtschaftliche Unsicherheiten und unzureichende politische Antworten zunehmend ins Abseits gedrängt fühlen.
Ursachen für den Rückgang des Wohlstands
Die Ursachen für Reglings pessimistische Prognose sind sowohl globaler als auch inländischer Natur. Er bemerkt, dass die drängenden Kostendruckfaktoren in unserer Gesellschaft, wie das Bedürfnis nach Verteidigungsinvestitionen, robuste soziale Sicherheitssysteme und die Belastungen durch Umweltkatastrophen, einen erheblichen Teil der Wirtschaftsleistung absorbieren werden. Diese Faktoren könnten dazu führen, dass die nächste Generation weniger für Konsum und persönliche Investitionen zur Verfügung hat. Ein solches Szenario ist in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos und könnte als Paradigmenwechsel in der sozialen Wahrnehmung verstanden werden.
Darüber hinaus führt Regling aus, dass die Schwäche der deutschen Wirtschaft auf eine Kombination aus zunehmendem internationalem Wettbewerb und jahrelangen politischen Versäumnissen zurückzuführen ist. Deutschland habe über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend in seine Infrastruktur investiert, was letztlich zu Wachstumsverlusten geführt habe. Diese Versäumnisse müssen dringend behoben werden, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern.
Ein umfassendes Reformpaket für Deutschland
Um den drohenden Wohlstandsverlust abzuwenden, fordert Regling ein umfassendes Reformpaket, wie es in der Geschichte Deutschlands noch nie gesehen wurde. Diese Reformen müssen alle gesellschaftlichen und politischen Gruppen ansprechen und erfordern einen übergreifenden Kompromiss, den er als „Grand Bargain“ bezeichnet. Eine solche Vereinbarung würde alle Parteien dazu anregen, bestimmte alte Überzeugungen und politische Linien zu überdenken, sowie bereit zu sein, für das Gemeinwohl persönlich in die Bresche zu springen.
Regling betont zudem, dass die Arbeitszeiten in Deutschland im internationalen Vergleich relativ niedrig sind. Er schlägt vor, dass die Politiker ernsthaft in Betracht ziehen sollten, Feiertage abzubauen und mehr Vollzeitstellen zu schaffen. Darüber hinaus kritisiert er das bestehende Ehegattensplitting als Anreiz, der nicht den heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht wird. Regling plädiert auch dafür, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung anzupassen, um die finanzielle Nachhaltigkeit des Rentensystems zu gewährleisten.
Reformbedarf im Renten- und Gesundheitssystem
Ein weiterer zentraler Punkt der Reformvorschläge betrifft das Rentensystem. Regling schlägt vor, die Renten zukünftig nicht mehr an die Löhne, sondern nur noch an die Inflation zu koppeln. Diese Maßnahme soll sicherstellen, dass das Rentensystem langfristig tragfähig bleibt. Zudem unterstützt er Ansätze zur stärkeren Berücksichtigung der Beitragsjahre, was soziale Ungleichheiten verringern könnte. Dies könnte für viele Bürger eine fairere Grundlage zur Berechnung der Rente bieten.
Im Gesundheitswesen verlangt Regling eine deutliche ReformReform Eine Reform bezeichnet eine gezielte Veränderung oder Verbesserung bestehender Strukturen, Gesetze, Systeme oder Prozesse. Ziel ist es, Missstände zu beseitigen, Abläufe zu modernisieren oder gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen anzupassen. Reformen können einzelne Bereiche betreffen oder umfassende Veränderungen auslösen und entstehen oft aus gesellschaftlichem, technischem oder politischen Bedarf. #Erneuerung #Umgestaltung #Neuausrichtung #Strukturreform, um die momentan steigenden Kosten zu kontrollieren. Er spricht sich für eine stärkere Eigenbeteiligung der Versicherten aus und fordert eine Diskussion über die Streichung der Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag. Letztlich erfordert die Bewältigung dieser Herausforderungen einen offenen und konstruktiven Dialog über die Verteilung der Lasten in der Gesellschaft.
Fazit: Notwendigkeit von Mut und Gerechtigkeit
Regling ist sich bewusst, dass die vorgeschlagenen Reformen einen schmerzhaften Prozess darstellen werden. Er betont, dass es unerlässlich ist, eine faire Verteilung der Lasten zu erreichen, nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Vermögende und Unternehmen. Eine moderate Vermögensteuer oder eine Erhöhung der Erbschaftsteuer hält er für notwendig, um den abgehobenen Vermögensanstieg der letzten Jahre einzufangen. Trotz der bestehenden Herausforderungen bleibt er optimistisch, dass Reformen möglich sind, wenn die Gesellschaft die Notwendigkeit erkennt und auf gerechte Weise agiert. Letztlich hängt der Erfolg dieser Vorhaben von der Bereitschaft der Politik ab, den erforderlichen Mut aufzubringen.

