Folgen des Anschlags in Sydney
Erstmals Chanukka im Bundestag
Die feierliche Entzündung von Chanukka-Kerzen im Bundestag markiert ein historisches Ereignis. Zum ersten Mal wird diese bekannte jüdische Tradition im Herzen der deutschen Legislative gewürdigt. Der Anlass, der seit Wochen vorbereitet wird, wird jedoch vom jüngsten antisemitischen Terroranschlag in Sydney getrübt, bei dem mehrere Menschen ihr Leben verloren haben. Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow eröffnete die Feier und bat zu Beginn um eine Schweigeminute, um den Opfern zu gedenken. Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben, übernahm danach das Wort und sprach eindringlich über die Verantwortung des Staates, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.
Besonderen Eindruck hinterließen seine Ausführungen zu den aktuellen Geschehnissen, die an die schrecklichen Bilder aus Israel erinnern, als beim Nova-Musikfestival viele junge Menschen in Panik vor den Angreifern flohen. Die Symbolik der Chanukka-Feier, die im festlichen Foyer des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses stattfand, verstärkte die Dringlichkeit dieser Botschaft. Trotz des erschütternden Kontextes war die Veranstaltung auch ein Zeichen der Hoffnung und des Zusammenhalts, an dem zahlreiche Politiker teilnahmen, einschließlich zahlreicher Mitglieder der Linken, die die Feierlichkeiten aktiv unterstützten.
Chanukka-Feier in Berlin-Neukölln
In Berlin-Neukölln fand zwei Stunden später eine weitere Chanukka-Feier statt, die bereits im vierten Jahr in Folge durchgeführt wurde. Dieses multikulturelle Stadtviertel ist seit langem ein sozialer Brennpunkt und wurde in den letzten Wochen häufig mit antisemitischen Vorfällen in Verbindung gebracht. Der Kontrast zwischen den beiden Feiern könnte nicht deutlicher sein: Während im Bundestag strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, war die Atmosphäre im Rathaus von Neukölln deutlich lockerer. Bezirksbürgermeister Martin Hikel erinnerte jedoch auch hier an den Terror in Sydney und forderte zu einer Schweigeminute auf. Die Feiern zogen rund 200 Besucher an, die gemeinsam den Chanukka-Leuchter beehrten und das Miteinander von Juden, Christen und Muslimen feierten.
Die Veranstaltung wurde von der jüdischen Studierenden-Organisation „Hillel“ unterstützt, und junge Musiker trugen dazu bei, eine festliche Stimmung zu erzeugen. Rabbiner Jeremy Borovitz sprach über die Bedeutung der Gemeinschaft und die Notwendigkeit, zusammenzustehen, insbesondere in Zeiten von Antisemitismus. Er betonte, dass die Geschehnisse in Sydney kein Überraschung seien, sondern eine Realität, mit der viele in der jüdischen Community leben müssen. Die Teilnahme am Fest war ein Zeichen von Hoffnung, trotz der Ängste, die viele Menschen gegenwärtig empfinden.
Alltagsantisemitismus in Berlin
Die Feierlichkeiten im Bundestag und im Neuköllner Rathaus bestätigen, dass Antisemitismus in der Gesellschaft ein unsichtbares, aber präsentes Problem darstellt. Ron Dekel, der Vorsitzende der „Jüdischen Studierendenunion Deutschland“, äußerte sich besorgt über den Terror in Sydney. Er sieht die Entwicklungen als direkte Folge der alltäglichen antisemitischen Äußerungen, die sowohl auf den Straßen als auch in sozialen Medien zu hören sind. Dekel betont, dass es wichtig sei, kollektiv gegen diese Form des Hasses zu kämpfen. Die Sicherheitslage für jüdische Menschen in Deutschland, auch bei öffentlichen Versammlungen, bleibt angespannt.
Die geringe Polizei-Präsenz während der Feier in Neukölln überraschte viele Gäste, die aus den jüngsten Vorfällen eine ständige Bedrohung ableiten. In der jüdischen Community gibt es das Gefühl, dass Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind, um sich vor potenziellen Angriffen zu schützen. Es wird immer klarer, dass die Mehrheitsgesellschaft oft nicht realisiert, wie gravierend die Sicherheitsbedenken für jüdische Bürger sind.
Fazit: Ein starkes Zeichen der Hoffnung
Die Chanukka-Feiern im Bundestag und in Neukölln spiegeln einerseits die Herausforderungen wider, mit denen die jüdische Community konfrontiert ist, und andererseits die Hoffnung, die in der Gemeinschaft untereinander besteht. Sowohl im politischen als auch im kulturellen Bereich sind diese Veranstaltungen ein eindringlicher Aufruf zu Solidarität und Zusammenhalt. In Anbetracht der jüngsten Vorfälle ist es von großer Bedeutung, Zeichen zu setzen und das jüdische Leben zu stärken, um dem Antisemitismus entgegenzuwirken.

