EU plant Bürokratieabbau bei MDR/IVDR-ReformReform Eine Reform bezeichnet eine gezielte Veränderung oder Verbesserung bestehender Strukturen, Gesetze, Systeme oder Prozesse. Ziel ist es, Missstände zu beseitigen, Abläufe zu modernisieren oder gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen anzupassen. Reformen können einzelne Bereiche betreffen oder umfassende Veränderungen auslösen und entstehen oft aus gesellschaftlichem, technischem oder politischen Bedarf. #Erneuerung #Umgestaltung #Neuausrichtung #Strukturreform 2025
EU-Reformpaket MDR/IVDR: Bedeutung und Zielsetzung
Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Reformpaket zu den Medizinprodukteverordnungen MDR und IVDR präsentiert. Dieses Paket zielt darauf ab, die bürokratischen Hürden innerhalb der Medizintechnikbranche zu senken und gleichzeitig die Innovationsfähigkeit sowie die Sicherheit der Patienten zu erhöhen. Der Industrieverband SPECTARIS zeigt sich über diese Initiative erfreut, sieht jedoch die Notwendigkeit, dass die Umsetzungen zu schnelleren und effizienteren Verfahren führen, ohne dabei die Sicherheit der Patienten zu gefährden.
Der wirtschaftliche Einfluss der deutschen Medizintechnikbranche ist bemerkenswert. Im Jahr 2024 belief sich der Umsatz auf etwa 60 Milliarden Euro und mehr als 210.000 Menschen waren in dieser Branche beschäftigt. Die Bruttowertschöpfung lag bei 38,3 Milliarden Euro, unterstützt durch eine große Zahl an Herstellern – insgesamt 1508 mit mehr als 20 Beschäftigten. Diese Zahlen verdeutlichen die essentielle Rolle der Medizintechnik für die deutsche und europäische Wirtschaft.
SPECTARIS betont die Bedeutung eines funktionierenden Regulierungsrahmens, der Innovationen nicht behindert. Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik bei SPECTARIS, hebt hervor, dass dieser Handlungsbedarf anerkannt wurde, und fordert konkrete Maßnahmen zur Vereinfachung der Verfahren. Die Herausforderung sehe er in der praktischen Umsetzung der geplanten Reformen, um die bürokratischen Prozesse tatsächlich zu verkürzen, ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen.
Der Weg zur Reform: Hintergründe und Dringlichkeit
Die MDR und IVDR bilden den regulatorischen Rahmen für Medizinprodukte in der EU und stellen Anforderungen an Sicherheit und Leistung. Seit ihrer Einführung klagen Hersteller über hohe bürokratische Aufwände, lange Zertifizierungszeiten und komplexe Dokumentationspflichten, die nicht nur Innovationen hemmen, sondern auch die Versorgungssicherheit gefährden. Diese Beschwerden haben politische Impulse erzeugt, die nun in Form konkreter Reforminitiativen aufgegriffen werden.
Die EU-Kommission hat frühzeitig eine öffentliche Konsultation gestartet, bei der Stakeholder vom 12. Dezember 2024 bis 21. März 2025 ihre Meinungen und Verbesserungsvorschläge einbringen konnten. Während dieser Phase äußerten mehrere Mitgliedstaaten, darunter Deutschland und Frankreich, den gemeinsamen Wunsch nach strukturellen Veränderungen in einem gemeinsamen Papier. Dieses Dokument verdeutlicht, dass die Herausforderungen der Industrie mittlerweile auch auf der höchsten politischen Ebene zur Sprache kommen.
Eine zentrale Rolle in der Reform spielt die Digitalisierung. Die EU-Kommission hat angekündigt, die Datenbank EUDAMED einzuführen, die als Schlüssel zur Effizienzsteigerung im Meldeprozess fungieren soll. Die vollständige Implementierung dieser Plattform ist für die erste Jahreshälfte 2026 vorgesehen und soll nicht nur zu mehr Transparenz beitragen, sondern auch die Verwaltung spezieller Anforderungen für Hersteller und Aufsichtsbehörden modernisieren.
Forderungen und Positionen: Akteure im Dialog
Die Debatte um die Revision der Medizinprodukteverordnungen wird von verschiedenen Akteuren mit einer Vielzahl an Interessen geführt. Während die EU-Kommission den Rahmen für die Anpassungen schafft, bringen sich sowohl nationale als auch europäische Branchenverbände aktiv ein. Ihre Hauptanliegen sind eine spürbare Entlastung für Hersteller, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen.
Verbände wie MedTech Europe und AdvaMed fordern eine stärkere Harmonisierung auf europäischer Ebene und verlangen die Abschaffung der fünfjährigen Rezertifizierungspflicht für bestimmte Produkte. Zudem wird eine Vereinfachung der Bewertungsverfahren für Produkte mit geringem Risiko gefordert. Auch die Digitalisierung der Prüfungsprozesse, etwa durch Remote-Audits, steht auf der Agenda für die Reformen.
Der Zeitplan zur Reformation ist klar definiert: einschlägige Gesetzesvorschläge der EU-Kommission werden für Mitte Dezember 2025 erwartet. Danach werden die Vorschläge im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat diskutiert und verabschiedet. Diese Phase wird erwartet, dass sie sich bis ins Jahr 2026 erstreckt, und die weitere Begleitung durch Verbände garantiert, dass die Anliegen der Branche angemessen in das endgültige Regelwerk Eingang finden.
Gesellschaftliche Auswirkungen und Relevanz
Die geplanten Reformen der Medizinprodukteverordnungen sind nicht nur technische Anpassungen; sie haben auch tiefgreifende gesellschaftliche Implikationen. Fragen der Patientensicherheit stehen im Fokus der Diskussionen. Während die Industrie darauf drängt, regulatorische Hürden abzubauen, betonen Vertreter der Patienteninteressen und Krankenkassen die Notwendigkeit, die Sicherheitsstandards nicht zu kompromittieren.
Die Deutsche Sozialversicherung (DSV) hat die Bedeutung ausreichender klinischer Daten betont, insbesondere für hochriskante Produkte wie Herzklappen. Gleichzeitig äußert der TÜV-Verband Bedenken hinsichtlich der Überlastung der Zertifizierungsstellen und fordert Lösungen zur Erhöhung der Effizienz des gesamten Verfahrens. Die Balance zwischen Sicherheitsanforderungen und der Sicherstellung einer wettbewerbsfähigen Medizintechnikbranche ist das zentrale Spannungsfeld, in dem sich die Akteure bewegen müssen.
Die Relevanz dieser Debatte wird durch die Warnungen der Beteiligten unterstrichen. Ein potenzieller Rückgang der Sicherheitsanforderungen könnte das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung gefährden, während langwierige Zertifizierungsprozesse zu Versorgungsengpässen führen könnten. Die Herausforderung besteht darin, Sicherheit und Innovation gleichsam zu fördern und die Innovationskraft in der Medizintechnik zu erhalten.
Fazit: Notwendige Schritte zur Reform umsetzen
Die Diskussion über die MDR-Revision ist eröffnet, und es wird erwartet, dass die EU-Kommission ihr Reformpaket Mitte Dezember 2025 vorlegt. Alle Beteiligten sollten sich aktiv auf diesen Prozess vorbereiten, da die nächsten Schritte eine bedeutende Zukunft für die Medizintechnikbranche mit sich bringen. Die Balance zwischen Bürokratieabbau und der Wahrung der Patientensicherheit muss zielgerichtet angegangen werden, um sowohl Innovationen zu ermöglichen als auch das Schutzniveau für Patienten nicht zu gefährden.

