Lithiumgewinnung aus Thermalwasser: Ein neuer Ansatz
Einführung in die Lithiumförderung im Oberrheingraben
Im deutschen Oberrheingraben wird ab 2028 eine bedeutende Initiative zur Lithiumförderung gestartet. Diese Entwicklung stellt einen entscheidenden Schritt in Richtung der Energiewende dar, da jährlich Lithium für bis zu 500.000 E-Auto-Batterien aus salzhaltigem Thermalwasser gewonnen werden soll. Zudem wird die dabei entstehende Wärme zur klimaneutralen Beheizung genutzt. Das Australian-German-Consortium Vulcan Energy hat kürzlich bekannt gegeben, dass die Finanzierung für dieses ambitionierte Projekt gesichert ist.
Der Rohstoff Lithium spielt eine zentrale Rolle in der Automobilindustrie, da er maßgeblich zur Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge eingesetzt wird. Der aktuelle Bedarf an Lithium steigt kontinuierlich, insbesondere in großen Automobil-Märkten wie China, Europa und den USA. Prognosen zufolge wird sich der Bedarf bis 2030 signifikant erhöhen. Die Hauptproduzenten sind derzeit Chile, Bolivien und Australien, während Europa stark auf Importe angewiesen ist. Um die Abhängigkeit von anderen Ländern zu verringern, ist eine lokale Produktion essenziell.
Milliardeninvestitionen in die Lithiumgewinnung
Unter dem Oberrhein, eine Region zwischen Basel und Frankfurt, liegt eines der größten Lithiumvorkommen Europas in Form von Thermalwasser. Vulcan Energy plant, ab 2028 jährlich bis zu 24.000 Tonnen Lithiumhydroxidmonohydrat zu fördern. Für dieses Vorhaben hat das Unternehmen Investitionen in Höhe von etwa 2,2 Milliarden Euro eingesetzt.
Vielfältige Akteure zeigen Interesse an der Lithiumförderung in dieser Region. Der 2024 gegründete deutsche Rohstofffonds hat bereits 150 Millionen Euro bereitgestellt, um dieses Vorhaben zu unterstützen. Weiterhin fließen Mittel von der Bundesregierung sowie von den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen. Den größten Anteil an den Investitionen übernehmen Bankkredite in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, ergänzt durch 250 Millionen Euro von der Europäischen Investitionsbank. Zudem plant Vulcan eine Kapitalerhöhung von 500 Millionen Euro. Der Baukonzern Hochtief wird beim Bau der Anlagen involviert sein und Teile der Konstruktion übernehmen.
Die Lieferverträge für Lithium werden zunehmend gesichert. Unternehmen wie Volkswagen, Stellantis und Renault haben bereits Vereinbarungen mit Vulcan getroffen. Das Unternehmen Glencore gehört zu den neuesten Partnern und hat einen Vertrag zur Lieferung von 36.000 bis 44.000 Tonnen Lithiumhydroxidmonohydrat über einen Zeitraum von acht Jahren unterzeichnet.
Innovative Technologien und Risiken
Das Projekt Lionheart, das sich auf die Lithiumextraktion aus Tiefenwasser konzentriert, ist mit einer relativ neuen Technologie verbunden. Diese Art der Lithiumgewinnung wurde bislang nur selten in großem Maßstab erprobt, was mit gewissen Risiken verbunden ist. Dennoch ist es für Vulcan Energy von entscheidender Bedeutung, international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Am 5. Dezember 2025 fand der Spatenstich für die Filteranlage im pfälzischen Landau statt. Die Bauzeit wird auf zwei bis drei Jahre geschätzt. Bereits seit 2020 betreibt Vulcan Pilotanlagen in Landau und Frankfurt. Zunächst waren die Prognosen für die Lithiumproduktion bis 2025 auf 40.000 Tonnen jährlich geschätzt worden, wonach die erste kontinuierliche Produktion für 2024 angesetzt ist.
In Landau erfolgt die Extraktion von Lithiumchloridlösungen aus dem Thermalwasser, die anschließend per Tanklastwagen nach Frankfurt transportiert werden. Dort wird das Material mit erneuerbarem Strom in batteriefähiges Lithiumhydroxidmonohydrat umgewandelt. Parallel dazu wird in Frankfurt-Höchst eine größere Produktionsanlage gebaut, die die derzeitige Pilotanlage ersetzen wird. Weitere Bohrungen und der Bau von Pipelines sind ebenfalls in Planung, während ein Fernwärmenetz entsteht, um die Stadt Landau mit Heizwärme zu versorgen.
Nachhaltigkeit und Umweltaspekte
Eines der wichtigsten Ziele der Lithiumproduktion durch Vulcan Energy ist die Reduzierung der Umweltauswirkungen. Die Umwandlung von Lithiumchlorid zu Lithiumhydroxid führt zur Bildung von Chlorgas und Wasserstoff, weshalb die Anlage in einem Industriepark errichtet wird. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, die große Mengen Süßwasser verbrauchen und massive Abraumhalden produzieren, setzt Vulcan auf eine umweltfreundlichere Herangehensweise.
Chemische Grundlagen von Lithiumverbindungen
Lithium als Alkalimetall kommt in der Natur nicht in reinem Zustand vor. Stattdessen findet es sich in Form von Verbindungen wie Lithiumchlorid im Wasser oder in mineralischen Gesteinen. Die am häufigsten verwendeten industriellen Formen sind Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid. Um die verschiedenen Lithiumverbindungen quantitativ vergleichen zu können, wird oft in Lithiumcarbonat-Äquivalente (LCE) umgerechnet. Solche Umrechnungen sind entscheidend für die Kalkulation und Planung der Lithiumressourcen.
Fazit: Zukunft der Lithiumproduktion in Europa
Die Lithiumproduktion im Oberrheingraben stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung Selbstversorgung für Europa dar. Während die bestehenden Kapazitäten vorwiegend in Asien sitzen, zeigen aktuelle Analysen, dass bis 2030 europäische Unternehmen bis zu 60 Prozent des eigenen Bedarfs decken könnten. Gleichzeitig ist eine Weiterentwicklung der Batterietechnologien notwendig, um auch zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Der Weg zur erfolgreichen Lithiumproduktion ist zwar herausfordernd, doch er birgt zugleich große Chancen für den europäischen Markt.

