Aktuelle Situation der privaten Altersvorsorge in Deutschland

In Deutschland haben rund 15 Millionen Menschen einen privaten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Dennoch ist eine rückläufige Tendenz zu verzeichnen, die seit 2018 von der Bundesregierung festgestellt wurde. Diese Abnahme ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter die seit Jahren niedrigen Zinsen, kostspielige Vorgaben, die die Rendite beeinträchtigen, und die Komplexität der bestehenden Förderstrukturen. Des Weiteren mangelt es an Transparenz und Vergleichbarkeit der Produkte, was potenzielle Anleger abschreckt. Viele Anbieter, die nicht in der Lage waren, die geforderten Garantien wirtschaftlich zu erbringen, haben sich aus dem Markt zurückgezogen. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber den Handlungsbedarf erkannt und plant umfassende Reformen, um die private und geförderte Altersvorsorge attraktiver zu gestalten. Ziel dieser Reform ist es, ein System zu schaffen, das hinsichtlich Kosten, Rendite und Flexibilität optimiert ist und zudem die Verwaltungsaufwände verringert.

Flexible Garantien in der Altersvorsorge

Ein zentrales Element der Reform ist die zukünftige Regelung von Garantien. Während Garantien in der Altersvorsorge weiterhin möglich sein werden, entfällt die Verpflichtung für Anbieter, solche Produkte anzubieten. Künftig sollen sie die Wahl zwischen 100-Prozent-Garantien, 80-Prozent-Garantien und sogar garantiefreien Produkten haben. Diese Änderung dürfte zu einer Entlastung der Anbieter führen, da sie nicht mehr die hohen Kapitalanforderungen der Garantieprodukte erfüllen müssen. Durch die aufgezeigte Flexibilität können sie nun innovativere und kostengünstigere Lösungen entwickeln. Ein weiterer Aspekt der Reform betrifft die Auszahlungsphase. Hier wird den Kunden mehr Flexibilität eingeräumt, indem sie anstelle einer lebenslangen Rente auch Auszahlungspläne wählen können, die mindestens bis zum 85. Lebensjahr laufen.

Einführung garantiefreier Altersvorsorgedepots

Die geplante Reform sieht die Einführung von garantiefreien Altersvorsorgedepots vor, die Anlagemöglichkeiten auf eine neue Ebene heben. Anbieter müssen künftig zwei Typen von Altersvorsorgedepots anbieten: ein normales Altersvorsorgedepot und ein so genanntes Standarddepot. Eine Besonderheit des Standarddepots besteht darin, dass es online abschließbar sein muss und einem Kostendeckel von 1,5 Prozent unterliegt. Im normalen Altersvorsorgedepot sind Investmentfonds und bestimmte alternative Investitionsfonds definiert, während spekulative Anlagen wie Aktien oder Kryptowährungen ausgeschlossen sind. Das Standarddepot hingegen richtet sich an weniger erfahrene Anleger und bietet eine einfachere, digitale und kostengünstige Verwaltung. Darüber hinaus soll es auch als Benchmark für das normale Altersvorsorgedepot fungieren und die Auswahl auf zwei konservative und chancenorientierte Fonds beschränken.

Neuregelung der Abschlusskosten

Eine signifikante Neuerung betrifft die Handhabung der Abschlusskosten. Bisher wurden diese oft zu Beginn der Vertragslaufzeit in voller Höhe fällig. Zukünftig sollen die Kosten über die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden, was eine doppelte Belastung bei einem Anbieterwechsel verhindern soll. Diese Regelung erfordert von Finanzvertrieben eine Anpassung ihrer Geschäftsmodelle, da die sofortige Vergütung von Abschlussprovisionen nicht mehr gewährleistet ist. Stattdessen müssen die Erträge über einen längeren Zeitraum geplant werden, was möglicherweise auch eine Neuorientierung in der Vertriebsstrategie erfordert.

Überarbeitung des Fördersystems

Die Reform umfasst auch eine grundlegende Neugestaltung der Förderstruktur. Die Zulagenförderung soll vereinfacht werden und sieht künftig variierende Fördersätze pro eingezahltem Euro vor. Für die ersten 1.200 Euro beträgt die Förderung 0,30 Euro pro Euro des Beitrags, was bei maximalem Einsatz zu einer erheblichen Förderung führt. Darüber hinaus wird ein Startbonus für junge Sparer eingeführt, um diese Gruppe gezielt zu unterstützen. Die Regelung umfasst auch Vorgaben zur steuerlichen Behandlung der Einzahlungen, da der persönliche Steuersatz im Alter meist niedriger ausfällt. Zudem wird eine Koppelung der Förderhöhe an die Inflation in Aussicht gestellt, um die zukünftige Wirksamkeit der Förderungen langfristig zu sichern.

Fazit

Die geplante Reform der privaten Altersvorsorge in Deutschland zielt darauf ab, ein komplexes und teilweise dysfunktionales System zu modernisieren. Der Schwerpunkt liegt auf der Schaffung von flexibleren und kosteneffizienten Produkten, die sowohl den Bedürfnissen der Anleger als auch den Anforderungen an die Anbieter entsprechen. Das Potenzial für mehr Wettbewerb und Transparenz könnte die Attraktivität der Altersvorsorgeprodukte erhöhen. Dennoch bleibt es abzuwarten, wie sich die Reform in der Praxis auswirken wird, da einige Aspekte wie die Regelungen zu Kosten und Anlagemöglichkeiten weiteren Klärungsbedarf aufweisen. Die anvisierte Reform könnte somit einen bedeutenden Schritt in Richtung einer bedarfsgerechteren Altersvorsorge darstellen.