Aussetzung humanitärer Visa für Russen und Belarussen

Infolge der Entscheidung des Bundesinnenministeriums hat Deutschland die Vergabe humanitärer Visa für rund 300 Russen und Belarussen eingestellt. Diese Maßnahme betrifft Personen, die aufgrund ihrer politischen Aktivitäten und ihres Engagements gegen den Krieg in der Ukraine verfolgt werden. Die Organisation „Kovcheg“, die sich für die Unterstützung von Dissidenten einsetzt, hat diese Informationen veröffentlicht. Viele dieser Betroffenen hatten bereits Visa-Genehmigungen vom Auswärtigen Amt erhalten, bevor das Verfahren durch das Innenministerium gestoppt wurde. Das Aussetzen der Visa ist eine Reaktion auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung, der eine striktere Migrationspolitik anstrebt.

Verfolgung infolge eines Kunstwerks

Ein Beispiel für die tragischen Umstände, die russische Dissidenten erleben, ist der Fall von Alexej Moskaljow. Dieser wurde wegen einer Zeichnung seiner Tochter verfolgt, die eine friedliche Botschaft gegen den Krieg beinhaltete. Das Bild zeigt eine Mutter und Tochter, die Raketen stoppen, die auf die Ukraine gerichtet sind. Die Zeichnung von Mascha Moskaljowa wurde im Kunstunterricht angefertigt und löste eine breite Berichterstattung aus, nachdem die Behörden aktiv eine Ermittlung einleiteten. Der Vater wurde später wegen seiner Äußerungen gegen den Krieg verhaftet und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, was zu einer Trennung von seiner Tochter führte. Diese Bespitzelungen und die Maßnahmen der russischen Behörden verdeutlichen die Risiken, denen sich Familien begegnen, wenn sie sich gegen das Regime aussprechen.

Anti-Kriegs-Zeichnung der russischen Schülerin Mascha Moskaljowa, auf der eine ukrainische blau-gelbe Fahne sowie eine Frau und ein Mädchen zu sehen sind, die mit ihren Händen zwei russische Raketen aufhalten wollen. Zu sehen ist auch eine russische Fahne, auf der \
Die Anti-Kriegs-Zeichnung der russischen Schülerin Mascha MoskaljowaBild: Maria Moskaleva

Gefahren für Oppositionsakteure in GUS-Staaten

Die Situation für gegen das russische Regime engagierte Personen bleibt auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion riskant. Anton K., ein ehemaliger Journalist und Aktivist, floh nach dem Beginn des Ukrainekriegs aus Russland. Er wurde wegen seiner journalistischen Tätigkeit und seiner Beteiligung an Protesten gegen die Regierung verfolgt und sieht sich in den GUS-Staaten ähnlich hohen Gefahren ausgesetzt. Juristische und physische Repressalien könnten zu ihrer Auslieferung an die russischen Behörden führen. Anastasia Burakowa, eine Anwältin, die sich für diese Kämpfer einsetzt, warnt vor den hohen Risiken in diesen Ländern, insbesondere aufgrund von Auslieferungsanträgen und Entführungen, wie sie bereits in Armenien und Kirgisistan dokumentiert wurden.

Der Kampf um humanitäre Visa

In Anbetracht der zunehmenden Gefahren haben Anton K. und Alexej Moskaljow, wie viele andere, die Möglichkeit eines humanitären Visums in Deutschland beantragt. Laut den Bestimmungen des deutschen Aufenthaltsgesetzes können solche Visa an Personen vergeben werden, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden. In der Vergangenheit haben über 2.600 Menschen aus Russland von diesem Programm profitiert, um Gefängnisstrafen und Verfolgungen zu entgehen.

Portrait von Anastasia Burakowa, die mit ihrem Projekt russische Dissidenten unterstützt
Anastasia Burakowa unterstützt mit ihrem Projekt russische DissidentenBild: Dmytro Katkov/DW

Ungewisse Zukunft der Visa-Vergabe

Die Aussetzung des Vergabeverfahrens für humanitäre Visa sorgt für Besorgnis unter den Antragstellern. Personen wie Anton und Alexej stehen vor der Herausforderung, dass ihre bereits genehmigten Visa nicht ausgestellt werden. Nach einer Einladung durch die deutsche Botschaft warteten sie gespannt auf die endgültige Erteilung, bis das Verfahren abrupt abgebrochen wurde. Das Bundesinnenministerium erklärt, dass die Verfahren derzeit ausgesetzt sind und noch eine Prüfung der Migrationspolitik läuft. Diese Unsicherheit könnte zahlreiche Dissidenten in eine gefährliche Lage bringen, da die Schutzmöglichkeiten eingeschränkt sind.

Fazit: Unsicherheiten für Dissidenten in Deutschland

Die aktuelle Situation verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen russische Dissidenten stehen, welche infolge ihrer politischen Standpunkte und Aktivitäten in ihrer Heimat verfolgt werden. Die Aussetzung der humanitären Visa sorgt für eine weitere Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Lage. Es bleibt abzuwarten, wie die deutschen Behörden künftig handeln werden, um diesen Menschen zu helfen. Der Appell an die Unterstützung dieser gefährdeten Gruppe wird immer lauter, und die Hoffnungen auf eine Ausnahme für besonders gelagerte Fälle nehmen zu.