KI trifft Paragraphen
KI übernimmt – doch wer trägt die Verantwortung?

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) hat nicht nur Prozesse innerhalb von Unternehmen verändert, sondern beeinflusst auch das Machtgefüge. Ein neu entwickeltes Toolkit zielt darauf ab, Inhouse-Juristen bei der Balance zwischen technologischem Fortschritt und rechtlicher Haftung zu unterstützen.

Verantwortlichkeit im digitalen Zeitalter

In den modernen Geschäftsmodellen ist es unerlässlich, die Verantwortung der Akteure bei KI-gestützten Entscheidungen zu klären. Besonders in sensiblen Anwendungsfeldern, wie der Personalbewertung oder bei Finanzentscheidungen, ist das Risiko von haftungsrechtlichen Problemen hoch. Hier stellt sich die Frage: Wer trägt die Verantwortung, wenn KI fehlerhafte Entscheidungen trifft? Diese Thematik ist zentral in einem neuen Toolkit der Association of Corporate Counsel (ACC), das gemeinsam mit der US-Kanzlei Kilpatrick Townsend & Stockton LLP entwickelt wurde.

Das Toolkit unterstützt Juristen dabei, die Integration von KI in Unternehmensabläufe unter Berücksichtigung der aktuellen rechtlichen und ethischen Standards zu gestalten. Angesichts des bevorstehenden EU AI Acts müssen Unternehmen ihre Governance-Modelle überdenken, um datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden und um die Risiken von Diskriminierung und Reputationsverlust zu minimieren.

Praktische Unterstützung durch das Toolkit

Das Toolkit der ACC bietet keine abstrakten Leitfäden, sondern praktische Vorlagen, Checklisten und Policy-Entwürfe. Durch diese strukturierte Herangehensweise können Juristen konkrete Szenarien analysieren, wie beispielsweise einen Diskriminierungsvorwurf aufgrund von KI-basierten Bewerberbewertungen oder ungenaue Informationen, die von einem Sprachmodell generiert werden. Hierbei wird oft nicht der Entwickler, sondern das Unternehmen in die Verantwortung gezogen, was die rechtliche Integration von KI besonders herausfordernd macht.

Corporate Counsel als Schlüsselrolle

In der aktuellen Entwicklung ist es entscheidend, dass Unternehmensjuristen ihre Rolle neu definieren. Sie müssen nicht nur geschäftliche Fähigkeiten nutzen, sondern auch proaktiv rechtliche Risiken mindern. Veta T. Richardson, Präsidentin der ACC, beschreibt Unternehmensjuristen als in einer „einzigartigen Position“, um Innovationen mit regulatorischen Anforderungen in Einklang zu bringen. Vor allem in Deutschland bedeutet dies, dass die Beziehung zwischen Compliance und Innovation sich wandeln muss: Compliance wird zur Schlüsselressource statt als Hindernis wahrgenommen.

Übertragbarkeit auf den deutschen Markt

Trotz der US-amerikanischen Herkunft des Toolkits sind viele seiner Inhalte auf den deutschen Markt übertragbar. Themen wie Datenschutz, Haftung und Bias sind auch im Kontext des EU AI Acts von Bedeutung. Dieser fordert eine klare Einordnung von KI-Systemen nach Risikoklassen sowie umfassende Dokumentationspflichten für als „High-Risk“ klassifizierte Anwendungen.

Die Zusammenarbeit zwischen Juristen, IT-Expertise und Unternehmensführung wird durch die Anforderungen des AI Acts besonders hervorgehoben, doch ist der Großteil der Governance-Modelle in Unternehmen noch nicht hierfür gerüstet. Das Toolkit könnte in dieser Übergangsphase als wertvoller Kompass fungieren, bis verbindliche Standards implementiert werden.

Fokus auf Governance und Ausbildung

Zusätzlich zum Toolkit hat die ACC die globale Initiative „AI Center of Excellence for In-House Counsel“ ins Leben gerufen. Diese Initiative ist darauf ausgerichtet, juristische Fachkräfte mit Schulungsmaterialien, Ressourcen und bewährten Praktiken zu unterstützen. Dies ist insbesondere für Unternehmen in Deutschland wichtig, die zwar im Bereich KI technologische Fortschritte erzielen, aber häufig an strukturiertem rechtlichem Wissen mangeln, insbesondere im Mittelstand.

Fazit: Ein Wegweiser für Unternehmen

Das Toolkit stellt kein umfassendes juristisches Lösungsangebot dar, bietet jedoch wertvolle Hilfestellungen. Es systematisiert relevantes Wissen, identifiziert rechtliche Risiken und fördert die Rolle des Unternehmensjuristen als operative Ressource. In einem internationalen Umfeld könnte dieses Toolkit dazu beitragen, eine neue Rolle für Unternehmensjuristen zu entwickeln: als Navigator zwischen Datenmanagement, ethischen Überlegungen und juristischen Rahmenbedingungen.