Vorbereitung auf das KI-Gesetz: Neue Hilfsmittel für Unternehmen

Die digitalen Landschaften in Deutschland stehen vor einer bedeutenden Herausforderung: Mit dem Inkrafttreten des europäischen KI-Gesetzes nähern sich die strengen Anforderungen für Hochrisiko-KI-Systeme, die ab dem 2. August 2026 in Kraft treten werden. Diese neuen Regelungen betreffen insbesondere Unternehmen, die in sensiblen Bereichen wie kritischer Infrastruktur oder Personalwesen tätig sind. Für den deutschen Mittelstand, der oft über keine umfangreichen Rechtsabteilungen verfügt, kann die Unsicherheit über regulatorische Vorgaben ein ernsthaftes Hindernis darstellen. Um dem entgegenzuwirken, wurden neue offizielle Hilfsmittel ins Leben gerufen, die speziell darauf abzielen, Unternehmen bei der Umsetzung der Anforderungen des KI-Gesetzes zu unterstützen und sie auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten.

Einführung des „KI-Compliance-Kompass“ durch die Bundesnetzagentur

Zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie Startups hat die Bundesnetzagentur den „KI-Compliance-Kompass“ entwickelt. Dieses interaktive Online-Tool bietet den Unternehmen die Möglichkeit, in einem ersten Schritt selbst zu prüfen, ob ihre KI-Systeme den Vorgaben des neuen Gesetzes unterliegen. Durch die Beantwortung gezielter Fragen zu den Anwendungsbereichen und Funktionen der KI-Software erhalten die Unternehmen eine erste Einschätzung der Risikokategorie, in die ihr System eingeordnet werden könnte. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf eingeschränkten KI-Praktiken, die seit Februar 2025 verboten sind, und der Identifizierung von Hochrisiko-Systemen. Das Ziel des Kompasses ist es, durch eine verständliche Aufbereitung der rechtlichen Vorgaben eine wertvolle Orientierung zu bieten. Dies kann dabei helfen, kostenintensive Rechtsberatung in der Anfangsphase zu minimieren.

Ergänzende Strategien durch das EU-KI-Büro

Zusätzlich zu den nationalen Maßnahmen wurde auf EU-Ebene ein KI-Büro eingerichtet, das über einen eigenen Compliance-Checker sowie einen Service-Desk für Unternehmen im gesamten Binnenmarkt verfügt. Diese Tools bieten spezifische Module, die sich an die Bedürfnisse von KMU richten. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Anbietern, also Entwicklern, und Betreibern, die Nutzer der KI-Systeme sind. Diese Differenzierung hat erhebliche Auswirkungen auf die vorgeschriebenen Richtlinien und die Haftung. So unterliegt beispielsweise ein Startup, das ein KI-gestütztes Diagnosewerkzeug für medizinische Anwendungen entwickelt, strengeren Vorgaben als eine Marketing-Agentur, die lediglich einen Standard-Chatbot verwendet. Zusätzlich werden die seit August 2025 gültigen Kriterien für Allgemeine KI-Modelle angesprochen, die für Entwickler leistungsstarker Foundation-Modelle von Bedeutung sind.

Der Handlungsbedarf: Warum jetzt handeln entscheidend ist

Fachleute warnen vor einer abwartenden Haltung in dieser kritischen Phase. Der erforderliche Vorlauf, um die geforderten Qualitätsmanagementsysteme und Richtlinien für die Datenverwaltung zu implementieren, ist erheblich. Unternehmen, die zu spät mit der Umsetzung beginnen, riskieren hohe Strafen: Verstöße gegen das KI-Gesetz können mit Bußgeldern von bis zu 35 Millionen Euro oder bis zu 7 Prozent des globalen Jahresumsatzes geahndet werden. Die neuen Compliance-Checker ermöglichen es, Schwachstellen in den Entwicklungsabläufen frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen rechtzeitig umzusetzen. Dies ist ein entscheidender Schritt für die Unternehmen im Hinblick auf die bevorstehenden Regelungen.

Selbsteinschätzung als Vorbereitung zur Zertifizierung

Obwohl die neuen Tools zur Selbstbewertung positive Rückmeldungen aus der Branche erhalten, betonen Rechtsexperten, dass sie keine vollständige Rechtsberatung ersetzen können. Es bleibt erforderlich, spezifische Algorithmen oder Datensätze professionell prüfen zu lassen. Mit dem Fortschreiten der Fristen wird die Branche vermehrt auf Zertifizierungsstellen angewiesen sein, die Hochrisiko-KI-Systeme offiziell bewerten können. Die derzeit zur Selbsteinschätzung vorgesehenen Schritte sind als unverzichtbare Vorbereitung auf den zukünftigen Audit-Prozess zu verstehen. Für die deutsche Startup-Szene bietet sich durch den frühen Anschluss an die EU-Standards die Möglichkeit, gesetzliche Compliance als Wettbewerbsvorteil zu nutzen und somit einen entscheidenden Unterschied im internationalen Markt zu erzielen.

Fazit: Dringlichkeit der Umsetzung erkennen

Die Einführung der neuen Compliance-Checker durch die Bundesnetzagentur und die EU bietet Unternehmen wichtige Werkzeuge, um die Herausforderungen des KI-Gesetzes proaktiv anzugehen. Insbesondere für KMU und Startups ist es von zentraler Bedeutung, sich frühzeitig mit den Regelungen auseinanderzusetzen, um potenzielle rechtliche Konsequenzen abzuwenden und die Chancen der gesetzlichen Anforderungen zu nutzen. In Anbetracht der nahenden Fristen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um die erforderlichen Schritte zu unternehmen.