EU verlängert Frist für KI-Compliance in HR-Abteilungen
Verzögerung der Zertifizierung hochriskanter KI-Systeme
Die Europäische Kommission hat einen Gesetzesvorschlag präsentiert, der eine Verschiebung der Frist für die Zertifizierung von hochriskanten KI-Systemen im Personalwesen vorsieht. Diese Regelung betrifft insbesondere zahlreiche Tools, die im Bereich Recruiting und Mitarbeiterführung verwendet werden. Die Frist, die ursprünglich für den August 2026 festgelegt war, soll nun auf den 2. Dezember 2027 verlängert werden. Trotz dieser scheinbaren Atempause für Unternehmen bleibt die Situation angespannt: Die Transparenzvorschriften und bestimmte Verbote gelten bereits jetzt. Dies bedeutet, dass HR-Abteilungen sofort handeln müssen, um die Anforderungen der aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllen.
Der Vorschlag zielt darauf ab, den Zeitdruck auf Unternehmen zu reduzieren, die sich auf die Einhaltung der Anforderungen vorbereiten müssen. Hochriskante KI-Systeme sind in Anhang III der KI-Verordnung spezifiziert und umfassen Technologien, die beispielsweise zur Personalauswahl oder im Arbeitsmanagement eingesetzt werden. Die zusätzliche Zeit soll den Normungsgremien ermöglichen, die erforderlichen technischen Standards für die Zertifizierung zu entwickeln. Dennoch müssen die HR-Verantwortlichen auch in der Übergangsphase strenge Transparenzregeln beachten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Transparenzpflichten im Umgang mit KI
Während die verschobene Frist in den Hintergrund rückt, sind die Regeln bezüglich der Transparenz im Umgang mit KI-Systemen bereits in Kraft. Am 17. Dezember hat die Kommission einen ersten Entwurf eines Verhaltenskodex zur Transparenz von KI-generierten Inhalten veröffentlicht. Dieser Kodex ist für Personalabteilungen von zentraler Bedeutung, die KI-Agenten in ihren Prozessen benutzen, sei es in Form von Chatbots, virtuellen Interviewern oder automatisierten Support-Assistenten. Eine grundlegende Anforderung besteht darin, dass jeder KI-Agent seine nicht-menschliche Natur zu Beginn jeder Interaktion offenlegen muss.
Des Weiteren müssen KI-generierte Inhalte, wie die Texte von Stellenbeschreibungen, klar als solche gekennzeichnet sein. Zusätzlich muss eine „Mensch-im-Kreislauf“-Option vorhanden sein, insbesondere bei Entscheidungen, die den Beschäftigungsstatus betreffen. Diese Anforderungen zielen darauf ab, Vertrauen und Rechenschaftspflicht in der Nutzung von KI im Personalwesen zu stärken. HR-Verantwortliche müssen sicherstellen, dass ihre KI-Tools nun den geltenden Transparenzregeln entsprechen. Die Nichteinhaltung dieser Anforderungen kann bereits heute rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen
Ein zentraler Aspekt des „Digital Omnibus“ ist die Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die eine entscheidende Rolle im innovativen HR-Tech-Markt spielen. Die Kommission beabsichtigt, einige technische Dokumentationsanforderungen für KMU abzuschaffen und die Verwendung regulatorischer Sandboxen zu fördern. Diese Maßnahmen könnten besonders für Personalabteilungen eine Erleichterung darstellen, die auf Technologien von Drittanbietern angewiesen sind.
Die anvisierte Vereinfachung könnte verhindern, dass nur große Unternehmen über die notwendigen Ressourcen zur Einhaltung der KI-Verordnung verfügen. Es wird jedoch eine neue Verantwortung auf die Schultern der HR-Abteilungen und -Einkäufer gelegt. Personalverantwortliche müssen aktiv überprüfen, ob ihre Dienstleister die aktuellen Erleichterungen für KMU nutzen und ob die eingesetzten Tools den derzeit geltenden Transparenzvorschriften entsprechen. Gleichzeitig sollten sie klären, ob die Anbieter freiwillig den Verpflichtungen des „KI-Pakts“ nachgekommen sind.
Klare Verbote: Aktuelle Grenzen der KI-Nutzung
Trotz der Fristverschiebung gelten seit dem 2. Februar 2025 bereits spezifische Verbote in der Personalarbeit. Diese Regelungen bleiben in Kraft und machen bestimmte Praktiken nicht rückwirkend legal. Zu den strengsten Verboten gehört die Verwendung von KI-Systemen zur Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Systeme, die versuchen, den emotionalen Zustand von Mitarbeitern oder Bewerbern anhand von Gesichtsausdrücken zu analysieren, sind illegal. Auch das sogenannte „Social Scoring“, bei dem Systeme das Vertrauenswürdigkeit basierend auf sozialem Verhalten bewerten, ist nicht erlaubt.
Zudem sind Unternehmen verpflichtet, ihre Mitarbeiter in der Nutzung von KI-Systemen entsprechend auszubilden. Die Übergangfrist für hochriskante Systeme hebt diese Ausbildungspflicht nicht auf. Gerade in Zeiten der Unsicherheit ist es essenziell, dass HR-Mitarbeiter über ausreichende Kompetenzen verfügen, um die bereits eingesetzten Tools sicher und konform nutzen zu können.
Ausblick auf die nächsten Schritte bis Ende 2027
Der Vorschlag des „Digital Omnibus“ wird voraussichtlich Anfang 2026 im Europäischen Parlament und Rat behandelt, um die rechtlichen Rahmenbedingungen vor der ursprünglichen Frist im August 2026 zu klären. Für HR-Verantwortliche ist es wichtig, sich auf einige zentrale Punkte zu konzentrieren: Zunächst gilt es, eine Bestandsaufnahme aller aktuellen KI-agenten und automatisierten Entscheidungstools vorzunehmen und diese entsprechend ihrer Risikoeinstufung zu kategorisieren. Ein zweiter Schritt sollte darin bestehen, die neuen Entwicklungen des Gesetzes für anstehende Gespräche mit Anbietern zu nutzen, um Vertragsbedingungen zu klären und sicherzustellen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Letztlich sollten Personalabteilungen auch alle bewerberorientierten Schnittstellen umgehend auf ihre Konformität mit dem neuen Verhaltenskodex überprüfen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die EU mit diesen Maßnahmen einen Balanceakt zwischen dem Schutz von Innovationen und der Gewährleistung von Transparenz und Sicherheit in der Nutzung von KI anstrebt. Das Ziel ist, eine Arbeitswelt zu schaffen, in der KI-Assistenten effizient, transparent und in einem verantwortungsvollen Rahmen eingesetzt werden können.
Fazit: Aktuelle Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen
Die jüngsten Vorschläge der EU zur Verschiebung der Frist für die Zertifizierung hochriskanter KI-Systeme bieten einerseits eine Entlastung für Unternehmen im Personalwesen, bringen aber gleichzeitig neue Verantwortlichkeiten mit sich. Die bereits bestehenden Transparenzpflichten müssen unbedingt beachtet werden, unabhängig von der Gesetzeslage. Zukünftige Entscheidungen und Maßnahmen sollten stets auf einer soliden Grundlage der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben basieren, um rechtliche Risiken zu minimieren und das Potenzial von KI-Technologien voll auszuschöpfen.

