Luftverkehr: Deutschland bleibt im internationalen Vergleich zurück
Aktuelle Lage der deutschen Luftverkehrswirtschaft
Im ersten Halbjahr 2023 konnte die deutsche Luftverkehrswirtschaft einen Anstieg der Passagierzahlen verzeichnen, der jedoch nicht ausreicht, um die anhaltende Krisensituation zu überwinden. Der Branchenverband BDL berichtet von einem deutlichen Anstieg um 2,8 Prozent auf insgesamt 99,4 Millionen Passagiere im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Trotz dieser positiven Entwicklung liegt die Zahl der Fluggäste jedoch noch immer 15,8 Prozent unter dem Niveau von 2019, vor der Pandemie. Zu beachten ist zudem, dass im ersten Halbjahr 2022 ein Anstieg von 10 Prozent beobachtet wurde, was die aktuelle Lage zusätzlich relativiert. Diese Entwicklungen werfen ein Licht auf die Herausforderungen, mit denen die Branche weiterhin zu kämpfen hat.
Ein Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit
Ein zentraler Kritikpunkt, den BDL-Präsident Jens Bischof formuliert hat, ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fluggesellschaften im europäischen Vergleich. Er führt an, dass die hohen staatlichen Steuern und Gebühren für die anhaltenden Schwierigkeiten verantwortlich sind. Diese Belastungen führen dazu, dass zahlreiche Airlines ihre Flugzeuge von deutschen Standorten abziehen und in Länder mit wettbewerbsfähigeren Kosten relocieren. Diese Strategie hat bereits zu einer spürbaren Veränderung der Verfügbarkeit von Flugverbindungen geführt und führt dazu, dass viele deutsche Flughäfen unter einer verminderten Fluganzahl leiden. Die Folgen sind überall sichtbar: Die internationale Anbindung wird schwächer, und damit gehen nicht nur Passagiere verloren, sondern auch Potenziale zur wirtschaftlichen Wertschöpfung.
Ticketpreise und deren Auswirkungen auf Fluggesellschaften
Die genannten Herausforderungen haben direct Auswirkungen auf die Ticketpreise, die im Zuge des reduzierten Angebots steigen. Bischof erklärt, dass die gestiegenen Gebühren und Steuern in der Branche nur teilweise an die Passagiere weitergegeben werden können. Die Preisgestaltung kann nicht unbegrenzt nach oben angepasst werden, da die Zahlungsbereitschaft der Passagiere begrenzt ist. Dies wirft Fragen zur zukünftigen Preisgestaltung und der finanziellen Gesundheit der Fluggesellschaften auf.
Verlagerung der Flugzeuge ins Ausland
Die Berichterstattung zeigt, dass seit 2019 nahezu ein Drittel aller in Deutschland stationierten Flugzeuge von Low-Cost-Carriern wie Ryanair und Easyjet ins Ausland verlagert wurden. Von anfangs 190 Flugzeugen sind nur noch 130 in Deutschland verblieben. Diese Verlagerung hat nicht nur eine Reduzierung der internationalen Anbindung zur Folge, sondern verursacht zudem erhebliche finanzielle Einbußen für die deutsche Volkswirtschaft. Jedes dieser Mittelstreckenflugzeuge sichert etwa 170 Arbeitsplätze und generiert etwa 70 Millionen Euro an Wertschöpfung für das Bruttoinlandsprodukt. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, fordert die Branche eine deutliche Reduzierung der staatlichen Belastungen, die derzeit etwa 35 Euro pro Passagier betragen.
Die Aussichten für den Winterflugplan
Die Erwartungen für die kommenden Monate sind wenig optimistisch. Die Hauptverantwortlichen des BDL gehen davon aus, dass im Verlauf des Winters kaum eine nennenswerte Erholung im deutschen Luftverkehr zu erwarten ist. Besonders prekär ist die Situation bei Inlandsflügen, die im ersten Halbjahr nur 49 Prozent des Vorkrisenangebots erreichen konnten. Der bevorstehende Winterflugplan, der Ende Oktober beginnt, sieht zwar eine Steigerung des Gesamtangebots um 8 Prozent auf etwa 90 Prozent des Niveaus von vor der Pandemie vor. Diese Zahl bleibt jedoch hinter den europäischen Konkurrenten zurück, die eine Steigerung von 7 Punkten auf 116 Prozent erreichen. Diese Diskrepanz verdeutlicht die Herausforderungen, denen sich die deutsche Luftverkehrswirtschaft gegenübersieht.
Fazit: Herausforderungen im deutschen Luftverkehr
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die deutsche Luftverkehrswirtschaft trotz leichter Zuwächse im Passagieraufkommen weiterhin vor erheblichen Herausforderungen steht. Hohe staatliche Abgaben, der Verlust von Airliner und die stagnierenden Ticketpreise stellen bedeutende Risiken dar. So zögert die Branche, sich nach den Auswirkungen der Pandemie vollständig zu erholen, und steht vor der Herausforderung, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Markt zurückzugewinnen.