Einführung in die Rolle von KI in der Medizin

Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine zunehmend wichtige Rolle im Gesundheitswesen, indem sie bereits heute verschiedene Bereiche der Gesundheitsversorgung optimiert. KI-gestützte Medizinprodukte haben das Potenzial, Routineaufgaben zu automatisieren und neue Ansätze in der Prävention, Diagnostik, Therapie und Pflege zu eröffnen. So bietet die teilautomatisierte Bildanalyse in der Radiologie oder die Nutzung von Kamerasystemen mit KI-unterstützter Bildauswertung in chirurgischen Eingriffen bedeutende Fortschritte. Diese Technologien verbessern nicht nur die Effizienz, sondern auch die Genauigkeit medizinischer Verfahren, wodurch die patientenorientierte Versorgung gestärkt wird.

Regulatorische Rahmenbedingungen für Medizinprodukte in der EU

Um eine Marktzulassung zu erhalten, müssen Medizinprodukte strengen regulatorischen Anforderungen genügen, die in der EU-Verordnung 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR) und der EU-Verordnung 2017/746 (In-vitro Device Regulation, IVDR) festgelegt sind. Diese Vorschriften wurden entwickelt, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Ab August 2024 tritt zusätzlich die EU-Verordnung 2024/1689 in Kraft, die harmonisierte Regelungen für KI-basierte Anwendungen im Gesundheitswesen etabliert. Die Implementierung der MDR stellte sich auch im achten Jahr nach Inkrafttreten als anspruchsvoll heraus. Unternehmen, Zulassungsstellen und Aufsichtsbehörden haben mit gestiegenen Kosten und erhöhtem Personalaufwand zu kämpfen, um die Anforderungen der MDR zu erfüllen. Die ursprünglich für 2024 geplante Vollziehung wurde daher auf 2028 verschoben, um den Unternehmen Zeit zu geben, ihre Produkte neu zu zertifizieren.

Herausforderungen und Chancen durch die EU-KI-Verordnung

Der EU AI Act zielt darauf ab, die Entwicklung innovativer KI-Anwendungen in der EU zu fördern und gleichzeitig die Anforderungen der Produktsicherheit durch die MDR zu berücksichtigen. Diese Verordnung schafft eine rechtssichere Grundlage für die Nutzung von KI im Gesundheitswesen, aber es besteht das Risiko von Überschneidungen und Doppelregulierungen. In der deutschen Medizintechnikbranche sind 93 Prozent der Unternehmen kleine und mittelständische Betriebe, die über 210.000 Arbeitsplätze schaffen und jährlich fast 20 Milliarden Euro Umsatz generieren. Während große Unternehmen spezielle Abteilungen zur Einhaltung der regulatorischen Vorgaben haben, stehen kleinere Unternehmen und Start-ups oft vor erheblichen Herausforderungen, da sie die erforderlichen Ressourcen nicht in gleichem Maße bereitstellen können. Der EU AI Act berücksichtigt dies und zielt darauf ab, Barrieren für Innovationen abzubauen, während gleichzeitig die Sicherheit der Produkte gewahrt bleibt.

Erklärbarkeit und kontinuierliches Lernen in KI-Systemen

Die Erklärbarkeit von KI-Anwendungen (explainable AI – XAI) ist entscheidend für die Akzeptanz und das Vertrauen in diese Technologien. Dabei geht es darum, den Nutzern nachvollziehbare Informationen darüber zu geben, warum eine KI bestimmte Entscheidungen trifft. Speziell bei komplexen, nicht-linearen Ansätzen wie Deep Learning gibt es zahlreiche Forschungsinitiativen, die sich mit der Verbesserung der Erklärbarkeit befassen. Zudem bedeutet kontinuierliches Lernen in KI-Systemen, dass diese nicht statisch sind, sondern fortlaufend verbessert werden, indem sie neue Daten zur Effizienzsteigerung erhalten. Bislang sind jedoch hauptsächlich statische Anwendungen im Gesundheitswesen zugelassen. Der EU AI Act sieht vor, dass kontinuierlich lernende Systeme unter bestimmten Voraussetzungen ohne zusätzliche Rezertifizierung in den Markt eingeführt werden können, was ihren Einsatz erheblich vereinfacht und Fachkräfte bei der Diagnostik und anderen Anwendungen unterstützt.

Der europäische Gesundheitsdatenraum als Innovationsmotor

Ein weiteres zentrales Element zur Förderung von KI-gestützten Medizinprodukten ist der Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdaten. Der geplante europäische Gesundheitsdatenraum steht im Fokus, um den Zugang zu nationalen Datenquellen zu erleichtern. Dies könnte es Europa ermöglichen, gegen die Marktmacht internationaler Unternehmen anzutreten und dadurch die Innovationsfähigkeit zu stärken. Eine solche Entwicklung wird nicht nur die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern, sondern auch sicherstellen, dass die Bedingungen für die Nutzung von Gesundheitsdaten nicht ausschließlich von nicht-europäischen Akteuren festgelegt werden. Der souveräne Umgang mit KI-Gesundheitsanwendungen innerhalb der EU wird somit langfristig gesichert.

Fazit: Zukunft der KI in der Medizin

Die Integration von KI in die Medizin birgt sowohl Herausforderungen als auch enorme Chancen. Während die regulatorischen Anforderungen komplex sind, ermöglicht die EU-KI-Verordnung Innovationsschritte, die nicht nur die Sicherheit verbessern, sondern auch den Zugang zu wichtigen Gesundheitsdaten fördern. Letztlich wird es entscheidend sein, wie gut diese Technologien implementiert und erklärt werden, um das volle Potenzial der KI im Gesundheitswesen zu realisieren.