Die heilende Kraft des Wassers

Der Einfluss des Wassers auf das menschliche Wohlbefinden ist in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Diese Erkenntnis geht bis in die Vergangenheit zurück, als der deutsche Dichter Heinrich Heine seine Verbundenheit mit dem Meer zum Ausdruck brachte. Bereits im 19. Jahrhundert schätzten Menschen die beruhigende Wirkung, die das Wasser auf die Seele ausübt. Dies hat sich bis heute nicht geändert – Urlaubsdestinationen an Küsten erfreuen sich großer Beliebtheit, was auf die positive Wirkung des Meeres auf die menschliche Psyche hinweist.

Studien zeigen, dass eine erleichterte Lebensqualität durch die Nähe zum Wasser erlangt werden kann. Der Umweltpsychologe Mathew White von der University of Exeter hat dies in einer Untersuchung bestätigt, die 16.000 Teilnehmer aus 18 Ländern umfasste. Die Ergebnisse belegen, dass Personen, die in der Nähe von Küstenlebensräumen wohnen, ein höheres Wohlbefinden erleben. Dies gilt sowohl für den Sommer als auch für den Winter, was die ganzjährige Bedeutung des Wassers unterstreicht.

Verbindung mit der Natur als Schlüssel zum Glück

Eine zentrale Erkenntnis aus einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie ist, dass nicht allein die Dauer des Aufenthalts am Wasser, sondern die emotionale Bindung zur Natur entscheidend ist. Es zeigte sich, dass Aktivitäten wie Schwimmen, Tauchen oder Erforschen der Unterwasserwelt eine intensivere Verbindung zur Natur schaffen, die sich positiv auf die Psyche auswirkt. Im Gegensatz dazu stellte sich heraus, dass entspannendes Sonnenbaden am Strand zwar schön, jedoch nicht die gleiche Wirkung hat. Zudem belegen frühere Untersuchungen, dass Menschen mit Angst- oder Depressionserkrankungen durch Aufenthalte in der Natur, sowohl in „grünen“ als auch in „blauen“ Umgebungen, gesundheitliche Vorteile erfahren, vorausgesetzt, diese Aufenthalte sind eine freiwillige Entscheidung.

Die Forschung um das sogenannte „Waldbaden“ hat bereits bewiesen, dass grüne Umgebungen das psychische Wohlbefinden stärken. White entdeckte beispielsweise, dass Personen, die in konventionellen Wohngebieten leben und nach grüneren Orten ziehen, im Durchschnitt ein besserer emotionaler Zustand zugewiesen werden kann. In einer anderen Untersuchung zeigte sich, dass besonders diejenigen Menschen am glücklichsten waren, die in der Nähe von Meeresgebieten lebten. Ihre Ergebnisse auf einer Skala von 1 bis 100 verdeutlichen, dass die Anwohner der Küstengebiete ein höheres Maß an Lebenszufriedenheit aufweisen, im Vergleich zu jenen, die in urbanen Regionen wohnen.

Vielfältige Gruppen profitieren von Wassernähe

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt ist, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Nähe zum Wasser profitieren. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 lässt sich für Menschen mit geringem Einkommen ein signifikantes psychisches Wohlbefinden erkennen, wenn sie in Küstennähe leben. Hierbei wird angemerkt, dass diese Gruppe oft unter ungünstigen Gesundheitsbedingungen leidet; das Leben am Meer kann ihnen helfen, diese widrigen Umstände besser zu bewältigen.

Besonders Kinder scheinen von der maritimen Umgebung zu profitieren. Ein Beispiel hierfür ist eine Untersuchung aus dem Jahr 2017, die sich mit einem Surfprogramm für Kinder beschäftigte, die möglicherweise schulisch Schwierigkeiten hatten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmer an diesem Programm eine positivere Einstellung zur Schule entwickelten und insgesamt ein besseres Körperbild aufwiesen. Aber auch körperlich ist eine Nähe zum Wasser vorteilhaft: White stellte fest, dass Küstenanwohner mit höherer Wahrscheinlichkeit die empfohlenen Richtlinien für körperliche Aktivitäten erreichen. Eine separate Untersuchung offenbarte, dass sogar ein virtueller Strandspaziergang mit einer Virtual-Reality-Brille zur Verminderung von Schmerzen bei Zahnbehandlungen beiträgt.

Die ungewisse Frage: Warum ist Wasser so förderlich?

Trotz der zahlreichen Studien bleibt eine grundlegende Frage offen: Warum haben Meer, Flüsse und andere Gewässer solch positive Auswirkungen auf den Menschen? Aktuell gibt es verschiedene Hypothesen, die diese Frage zu beantworten suchen. Eine Theorie besagt, dass unsere Vorfahren eine Affinität zum Wasser entwickelten, als sie an Küsten siedelten. Diese Prägung könnte erklären, warum das Schwimmen für uns so natürlich ist. Unabhängig von den genauen Gründen ist jedoch festzustellen, dass blaue Naturräume einen bedeutenden positiven Einfluss auf die menschliche Psyche ausüben.

Fazit: Die positive Wirkung des Wassers

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Nähe zum Wasser erhebliche Vorteile für das psychische und physische Wohlbefinden bringt. Ob durch naturverbundene Aktivitäten, die emotionale Bindung zu Küstengebieten oder die gesunde Lebensqualität für verschiedene Bevölkerungsgruppen – das Wasser hat seine heilende Kraft nicht verloren. Zukünftige Forschungen werden sicherlich weitere Einsichten dazu liefern, wie und warum Wasser unser Wohlbefinden so stark beeinflusst.