„Die Erwartungen für Paris sind groß – in jeder Hinsicht“, so hat es IOC-Präsident Thomas Bach formuliert. Die Olympischen Sommerspiele 2024 sollen nachhaltig und inklusiv sein und für Geschlechtergerechtigkeit stehen.
Zudem soll die Ausrichterstadt nicht nur als Kulisse fungieren, sondern integraler Teil der Spiele werden. Die Eröffnungsfeier findet beispielsweise nicht im Olympiastadion statt, sondern per Bootsparade auf der Seine vor einer gewaltigen Kulisse von mehr als 400.000 Menschen.
Was hat sich Paris beim Thema Nachhaltigkeit vorgenommen?
Die Organisatoren der Olympischen Spiele 2024 in Paris planen, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu früheren Veranstaltungen massiv zu verringern. Geht es nach ihren Vorstellungen so sollen etwa 1,58 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Im Vergleich zu London im Jahr 2012 (3,4 Millionen) und Rio de Janeiro 2016 (3,6 Millionen) ein anspruchsvolles Ziel.
Diese Verbesserung der Klimabilanz soll auch durch kurze Wege erreicht werden: Der Großteil der Athleten soll die Sportstätten, die in einem Radius von nur zehn Kilometern liegen, innerhalb von nur dreißig Minuten erreichen können. Neubauten gibt es fast gar nicht, denn 95 Prozent der Austragungsorte sind bereits vorhanden. Im Prinzenparkstadion, wo normalerweise Frankreichs Serien-Fußballmeister Paris St. Germain spielt, findet beispielsweise ein Teil der Fußballspiele statt, im Stade Roland Garros (French Open) die Tennismatches, im Stade de France Rugby und Leichtathletik.
Außerdem setzt Paris auf umweltfreundliche Maßnahmen wie erneuerbare Energie, nachhaltiges Catering und Recycling. Emissionen, die nicht reduziert oder verhindert werden können, sollen durch umweltfreundliche Projekte wie Aufforstung kompensiert werden.
Wie sehen die Maßnahmen zum Klimaschutz konkret aus?
Ein wichtiger Schritt ist die aufwändige Reinigung der Seine, wo Freiwasserschwimmen und Triathlon stattfinden. Nach den Olympischen Spielen sollen dann auch Touristen und Einheimische in der Seine schwimmen können.
Die Energie für die Spiele kommt größtenteils aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne. Die Anreise zu den Austragungsorten soll durch die Förderung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahn und Fahrrädern erleichtert werden. Es gibt bewusst keine neuen Parkplätze rund um die Sportstätten.
Bei der Verpflegung von Athleten, Offiziellen, Freiwilligen und Zuschauern während der Spiele wird auf eine nachhaltige, fleischarme Kost mit lokalen und saisonalen Produkten gesetzt, um Abfall und Lebensmittelverschwendung zu minimieren. Die Menge an Einwegplastik soll durch wiederverwendbare Trinkflaschen und den Bau von Trinkbrunnen halbiert werden.
Beim Bau des Olympischen Dorfes im Département Seine-Saint-Denis wurde 47 Prozent weniger CO2 verursacht als bei herkömmlichen Verfahren und zudem auf den Einsatz von Klimaanlagen verzichtet.
Schon ein Jahr vor Beginn der Spiele hat Paris außerdem damit begonnen, in der Stadt Parkplätze abzuschaffen und den dadurch gewonnenen Raum in grüne Flächen zu verwandeln. Viele neue Rad- und Metrowege sowie Antigeräuschmauern sind gebaut und Gebäude klimafreundlich renoviert worden. Außerdem wird die Stadt Paris neue Tempolimits auf der Stadtautobahn einführen und Reisebusse aus dem Zentrum verbannen.
Was sieht das Sicherheitskonzept für die Spiele in Paris vor?
Paris rechnet laut Angaben eines Rathaus-Sprechers während der Spiele mit etwa zehn Millionen Besucherinnen und Besuchern. Angesichts der Terroranschläge von 2015 und dem Chaos beim Champions-League-Finale 2002 im Stade de France hat die Nationalversammlung spezielle Gesetze verabschiedet, die für den Zeitraum der Olympische Spiele und einige Monate länger gelten.
Diese erlauben unter anderem den Einsatz des Militärs und durch künstliche Intelligenz gesteuerte flächendeckende Videoüberwachung. Diese Art der algorithmischen Überwachungstechnologie wird erstmals in der EU eingesetzt.
Wie funktioniert Massen-Videoüberwachung mit KI-Steuerung?
Kameras und Drohnen sollen verdächtige Bewegungen Einzelner oder großer Menschengruppen erkennen und die Polizei alarmieren. Sie könnten nicht nur in den Straßen, sondern auch in den Stadien und öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden. Der motorisierte Verkehr soll generell für die Dauer der Spiele stark eingeschränkt, einige U-Bahn-Stationen temporär geschlossen werden.
Laut Expertenschätzungen werden während der Olympischen Spiele täglich rund 30.000 Polizisten, Gendarmen und 17.000 private Sicherheitskräfte in Paris im Einsatz sein. Insgesamt sollen zusätzlich geschätzt 15.000 Soldaten zum Einsatz kommen. Gut 5000 schlagen ein großes Zeltlager auf einer Freifläche im Osten von Paris auf.
Der Pariser Polizeichef kündigte auch für die Anwohner drastische Sicherheitsmaßnahmen an. So werden Sperrgebiete rund um die olympischen Austragungsorte errichtet, die nur mit einem bestimmten QR-Code passiert werden können. So soll beispielsweise auch verhindert werden, dass sich ein Anschlag, wie der Messerangriff am Eiffelturm Anfang Dezember wiederholen kann. Zudem müssen Bewohner alle Besucher registrieren, die das Geschehen von ihrem Balkon, ihrem Fenster, ihren Dächern oder sogar von ihrem Hausboot aus beobachten wollen.
Welche Kritik gibt es an den Vorhaben der Olympia-Organisatoren?
Hamid Ouidir, Interessenvertreter der Anwohner des Olympischen Dorfes in St. Denis, befürchten wirtschaftliche Auswirkungen für sich und seine Nachbarn und eine Verschlechterung der Luftqualität durch zusätzlichen Verkehr. Auch daran, dass nach den Olympischen Spielen mehr Wohnungen zur Verfügung stehen, glaubt er nicht. „Die Apartments werden hauptsächlich Leute von außerhalb kaufen – Anwohner können sich Wohnungen für um die 7000 Euro pro Quadratmeter doch nicht leisten“, sagte er gegenüber der DW.
Auch die Ankündigung der lokalen Behörden, dass U-Bahn-Tickets während der Spiele fast das Doppelte kosten werden, gefällt vielen nicht. Der öffentliche Nahverkehr in Paris gilt schon jetzt als überlastet. Besonders die Ligne B, die zum Département Seine-Saint-Denis fährt, wo etliche Veranstaltungen stattfinden werden, bereitet den Organisatoren Kopfschmerzen.
Athleten und Funktionäre bemängeln dagegen die fehlende Klimatisierung im Olympischen Dorf angesichts einer möglichen Hitzewelle. Selbst wenn die Zimmer wie versprochen sechs Grad kühler sein sollen als die Außentemperatur, werde das bei 40 Grad nicht zumutbar sein.
Und auch das Sicherheitskonzept sorgt für massive Kritik: Politiker fürchten um die Freiheiten der Bürger, womöglich auch über die Spiele hinaus. Menschenrechtler wie Amnesty International sprechen von „drastischen Massenüberwachungsmaßnahmen“, sehen das Recht auf Privatsphäre und auf friedliche Versammlungen gefährdet und befürchten als nächsten Schritt die Einführung von Gesichtserkennung wie beispielsweise in Russland oder China.