Vier schwere Beben erlebten die Menschen in Afghanistan innerhalb weniger Tage. Die Erdbeben – alle mit einer Stärke von etwa 6,3 auf der Richterskala – fanden in nur 10 Kilometern Tiefe statt und zerstörten hunderte von Gebäuden. Das Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam schreibt in einer Pressemeldung auf seiner Webseite, dass es vermutlich noch wochenlang zu weiteren Nachbeben kommen werde.
Afghanistan ist Teil des sogenannten Himalaya-Bogens. Diese Zone ist stark erdbebengefährdet, denn die Region erstreckt sich entlang der Schnittstelle von zwei tektonischen Platten: die Indische Platte im Süden trifft dort auf die Eurasische Platte im Norden. Gerade in Regionen, die über diesen sogenannten Verwerfungslinien liegen, kommt es häufig zu Erdbeben. Das gilt zumindest für den Osten des Landes.
Wieso bebt die Erde im Nordwesten Afghanistans?
Die aktuellen Beben fanden jedoch um die Stadt Herat im Nordwesten des Landes statt. Diese Region, die sogenannte Herat-Verwerfung, gilt weitgehend als seismisch inaktiv – es gebe keine historischen Belege für ähnlich verheerende Ereignisse in dieser Region aus den vergangenen Jahrhunderten, heißt es beim GFZ. Bisher könnten Geologen nur rätseln, welche seismischen Aktivitäten im Detail der Grund für die aktuellen Erdbeben gewesen sein könnten.
Im Allgemeinen bauen sich im westlichen Teil des Hindukuschs weniger seismische Spannungen auf als im Osten des Gebirges. Allerdings, so schreiben die Experten des GFZ, habe die Herat-Verwerfung „eine sehr prägnante topografische Ausprägung und muss in der geologischen Vergangenheit seit der Bildung des Hindukusch-Gebirges eine wichtige Rolle gespielt haben.“ Nur weil eine solche Region hunderte Jahre inaktiv war, könnten große Beben in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden – wie die aktuellen Ereignisse zeigen.
Wie entstehen Erdbeben?
Die Erdkruste ist wie eine Art Puzzle aufgebaut, das aus vielen Einzelteilen besteht: aus ein paar gigantischen ozeanischen Platten und mehreren kleinen kontinentalen Krustenplatten. Wie viele kleine und kleinste Erdplatten es tatsächlich gibt, ist in der Wissenschaft umstritten.
Die verschiedenen Platten „schwimmen“ auf dem flüssigen Erdinneren. Durch aufquellendes Magma aus dem Erdkern an einigen Bruchstellen verschieben sie sich und wandern einige Zentimeter pro Jahr. Das passiert seit Milliarden Jahren, ist also ganz normal. Sie bewegen sich entweder voneinander weg, reiben aneinander oder schieben sich untereinander. Dann bewegt sich der darüber liegende Kontinent. Diese Bewegungen heißen Plattentektonik.
Die Plattentektonik führt immer wieder dazu, dass sich Platten verhaken. Die Spannungen im Gestein wachsen dann und können sich, wenn sie zu groß werden, ruckartig lösen. Von diesem Epizentrum aus verbreiten sich dann Druckwellen bis an die Erdoberfläche und werden als Erdbeben spürbar.
Besonders gefährdet sind deshalb Regionen, die über sogenannten Verwerfungslinien liegen, also wo zwei tektonische Platten der Erdkruste aufeinandertreffen. Ab 5,0 auf der sogenannten Richterskala, mit deren Hilfe Seismologen die Stärke eines Erdbebens angeben, kann es zu sichtbaren Schäden beispielsweise an Gebäuden kommen.
Kommt es zu einem Beben unterhalb eines Ozeans, können Tsunamis entstehen. Diese sich mit hoher Geschwindigkeit verbreitenden Wellen können zu verheerende Überflutungen führen, wenn sie auf Festland treffen. Aufgrund der ständigen seismischen Aktivität in Regionen an den Plattenrändern sei es sehr schwierig, schwerere Beben vorauszusagen, sagt Fabrice Cotton, Professor für Seismologie am Geoforschungsinstitut (GFZ) in Potsdam..
Was sind Nachbeben?
Starke Erdbeben ziehen so gut wie immer eine Serie kleinerer Erschütterungen nach sich. Diese Nachbeben entstehen, weil sich die tektonischen Platten am Epizentrum noch hin und her bewegen und erst langsam wieder zur Ruhe kommen. Doch auch die schwächeren Nachbeben können großen Schaden anrichten: Gebäude, die durch das eigentliche Erdbeben nur beschädigt wurden, stürzen schließlich doch zusammen und sorgen für noch mehr tote, verletzte und obdachlose Menschen.
„Die einzige Möglichkeit, Menschen vor Erdbeben zu schützen, ist durch erdbebensicheres Bauen“, sagt Cotton.