China hat eine neue Taikonauten-Crew ins All geschickt. Start war am frühen Mittwochmorgen (Orstzeit) auf dem Weltraumbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi. Eine 60 Meter lange und 40 Tonnen schwere Rakete vom Typ „Langer Marsch 2F“ brachte das dreiköpfige Team ins All. Name der Mission: „Shenzhou 19“.
Nun haben sie ihr Ziel in gut 400 Kilometern Höhe erreicht: die chinesische Raumstation „Tiangong“ – zu deutsch „Himmelspalast“. Die drei Taikonauten – eine Frau und zwei Männer – seien auf der Raumstation von der Crew der vorherigen Mission „Shenzhou 18“ empfangen worden, meldet Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Während des halben Jahres im All soll das neue Tiangong-Team 86 wissenschaftliche und technische Experimente durchführen. Es sind Vorbereitungen für das Projekt, bis 2030 Taikonauten auf den Mond zu bringen und schließlich eine Mondbasis zu errichten. Die neue Besatzung wird auch Weltraumspaziergänge unternehmen und neue Ausrüstung an der „Tiangong“ installieren, um die Station vor Weltraummüll zu schützen, der zum Teil aus China stammt. Nach Angaben der NASA sind große Trümmerteile durch „Satellitenexplosionen und Kollisionen“ entstanden. Chinas Abschuss einer Rakete zur Zerstörung eines überflüssigen Wettersatelliten im Jahr 2007 und die „zufällige Kollision amerikanischer und russischer Kommunikationssatelliten im Jahr 2009 haben die Menge an großen Trümmern in der Umlaufbahn stark erhöht“, so die NASA.
Mit an Bord ist mit Wang Haoze auch Chinas einzige Raumfahrtingenieurin und dritte Frau im Weltall. Das Team, zu dem außerdem die Raumfahrer Cai Xuzhe und Song Lingdong gehören, wird nach Angaben des Büros für bemannte Raumfahrt (CMSA) Ende April oder Anfang Mai zur Erde zurückkehren. Wie jeder andere träume auch sie davon, die Raumstation zu besuchen, sagte Wang am Dienstag vor Journalisten. „Ich möchte jede Aufgabe sorgfältig erledigen und unser Zuhause im Weltraum schützen“, sagte sie weiter. Auch wolle sie „den Sternen zuwinken“. Bei Cai Xuzhe handelt es sich um einen 48-jährigen ehemaligen Luftwaffenpiloten. Er bringt zudem Erfahrungen aus einem früheren Einsatz an Bord von „Tiangong“ als Crewmitglied von „Shenzhou 14“ im Jahr 2022 mit. Er fühle sich durch die erneute Mission geehrt und empfinde „große Verantwortung“, sagte Cai. Die bisherige Tiangong-Besatzung soll nach CMSA-Auskunft am 4. November zur Erde zurückkehren, nachdem die Übergabe mit dem neuen Team abgeschlossen ist. Die neue und die alte Besatzung würden etwa fünf Tage gemeinsam in der Raumstation verbringen, um die geplanten Aufgaben zu erfüllen und die Arbeiten zu übergeben, teilte die CMSA laut Xinhua mit. An Bord des „Himmelspalasts“ sind jeweils dreiköpfige Besatzungen, die alle sechs Monate wechseln.
Die Raumstation „Tiangong“ ist das Herzstück des ehrgeizigen chinesischen Raumfahrtprogramms. China will auch in der Raumfahrt eine Großmacht werden und investiert unter Staatschef Xi Jinping riesige Summen in sein Raumfahrtprogramm. Bis 2030 will die Volksrepublik eine bemannte Mission zum Mond schicken, später will das Land eine Mondstation errichten. Die Besatzung von Shenzhou 19 werde während ihrer Zeit an Bord von „Tiangong“ verschiedene Experimente ausführen, darunter auch einige mit mondbodenähnlichen „Ziegelsteinen“, berichtete der Sender CCTV. Die Teile sollen demnach im November mit dem unbemannten Frachtraumschiff „Tianzhou 8“ in den Orbit gebracht werden. Die Astronauten wollen testen, wie sich die Materialien unter extremer Strahlung, Schwerkraft, Temperatur und anderen Bedingungen verhalten. Chinesische Wissenschaftler erhofften sich davon, Mondboden für den Bau der künftigen Mondbasis verwenden zu können, um damit deutlich Kosten zu sparen, berichtete CCTV. Bei „Shenzhou 19“ gehe es in erster Linie darum, „zusätzliche Erfahrungen zu sammeln“, sagte der US-Astronom Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center der Nachrichtenagentur AFP. Auch wenn der sechs Monate dauernde Aufenthalt der Taikonauten an Bord von „Tiangong“ keine großen Durchbrüche erzielen sollte, sei er dennoch „sehr wertvoll“. AR/sti (afp, dpa, ap)