Es ist schon verrückt: Es dauerte 94 Jahre, bis umami offiziell als fünfte Geschmacksrichtung anerkannt wurde. Bereits 1907 entdeckte der japanische Chemiker Ikeda Kikunae, dass wir Menschen neben süß und sauer, salzig und bitter auch „umami“ schmecken können. Erst 2001 wurde dies offiziell bestätigt.
Das zusammengesetzte Wort umami heißt so viel wie „köstlich“ und „Geschmack“ und bezeichnet diesen unverkennbar herzhaften, würzigen Geschmack von zum Beispiel Sojasoße oder Parmesankäse. Dieser wird durch bestimmte Aminosäuren wie Glutaminsäure und Nukleinsäuren hervorgerufen.
Jetzt glaubt ein Forscherteam um Emily Liman von der Universität of Southern California in Los Angeles eine sechste Geschmacksrichtung gefunden zu haben: Salmiak.
Ob eine Anerkennung als sechste Geschmacksrichtung diesmal schneller kommen wird? An dem salzig-markanten Salmiak-Geschmack scheiden sich jedenfalls die Geister: Die Einen – vor allem Erwachsene – lieben ihn, die Anderen – vor allem Kinder – hassen den Geschmack.
Was ist Salmiak?
Salmiak besteht aus den chemischen Elementen Stickstoff, Wasserstoff und Chlor und wird von Chemikern als Ammoniumchlorid bezeichnet. Das Team aus Los Angeles fand heraus, dass wir auf der Zunge einen Rezeptor tragen, der besonders von Ammoniumchloridmolekülen aktiviert werden.
Laut der im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlichten Studie wird der für den Sauergeschmack zuständige Rezeptor OTOP1 durch das Ammoniumsalz aktiviert. Dadurch wird der pH-Wert des Zellinneren alkalisch, wodurch die Zelle einen elektrischen Reiz abgibt und die Zunge den Salmiakgeschmack wahrnimmt.

Das Team fand zudem heraus, dass die verschiedene Lebewesen sehr unterschiedlich auf Salmiak reagieren. Neurowissenschaftlerin Emily Liman vermutet, dass Organismen die Fähigkeit entwickelt haben, Ammoniumchlorid zu schmecken, weil sie so die eigentlich schädliche Substanz leichter vermeiden können. „Ammonium ist in gewisser Weise giftig“, erklärte Liman, „daher ist es sinnvoll, dass wir Geschmacksmechanismen entwickelt haben, um es zu erkennen.“
Salziges Lakritz enthält Salmiak
Die meisten kennen den Salmiak-Geschmack von Pastillen, von Tees oder eben von Lakritz. Denn der Aromastoff Ammoniumchlorid ist ein sehr häufiger, charakteristischer Bestandteil von Lakritzwaren. Salmiak schmeckt eher herb, Lakritz dagegen eher süß. Das macht den außergewöhnlichen Geschmack von Lakritz aus.
Lakritz wird aus der Wurzel des Süßholzstrauchs (Glycyrrhiza glabra) gewonnen, der vor allem im Mittelmeerraum, in Kleinasien, dem Kaukasus, im Iran, Afghanistan, Zentralasien und Südrussland heimisch ist. In vielen Ländern wie in China, Russland, der Türkei, Italien oder Frankreich werden aus Süßholz nicht nur Liköre und Lakritz hergestellt, es ist auch in vielen Apotheken zu finden.
Denn der Saft der Süßholzwurzel enthält den Pflanzenstoff Glycyrrhizin, der in bestimmten Dosen die Gesundheit nachweislich positiv beeinflussen kann, weil er die Durchblutung anregt, antiviral und auch antioxidativ wirken kann.
Seit langem schon gilt der Süßholzsaft als altbewehrtes Mittel gegen Husten und Atemwegsentzündungen, weil Glycyrrhizin schleimlösend wirkt. Auch in der westlichen Heilkunde, in China und in Indien werden Wirkstoffe aus dem Süßholz unter anderem gegen Gastritis und Magengeschwüre eingesetzt.
Zu viel Lakritz ist ungesund!
Aber Lakritz ist keine Medizin und die Dosis macht das Gift. Nicht umsonst müssen Lebensmittel mit einem höheren Salmiak-Gehalt als zwei Prozent einen Warnhinweis auf der Verpackung haben. Je kräftiger der Salmiakgeschmack, desto höher ist der Ammoniumchloridanteil.
Ausdrücklich wird zwischen „Kinder- und Erwachsenenlakritz“ unterschieden. Vom Kinderlakritz bis zwei Prozent Salmiak dürfen Erwachsene täglich maximal 100 Gramm essen. Vom Erwachsenenlakritz bis höchsten 4,48 Prozent Salmiak höchsten 50 Gramm und vom Starklakritz mit einem maximalen Salmiak-Anteil von 7,9 Prozent höchstens 25 Gramm. Dann hat man die kritischen Glyzyrrhizin-Grenzwerte pro Tag überschritten. Vorsicht ist natürlich auch beim Süßholz selber oder bei Tees mit Süßholz geboten.
Denn der eigentlich gesunde Pflanzenstoff Glycyrrhizin kann ab einer gewissen Dosis den Wasser- und Mineralstoffhaushalt unseres Körpers so stark durcheinanderbringen, dass unser Blutdruck steigt. Kalium geht verloren, wogegen Natrium verstärkt aufgenommen wird. Außerdem kann es zu Wassereinlagerungen, sogenannten Ödemen, sowie Muskelschwäche und Herzrhythmusstörungen kommen.
Und das oftmals im Lakritz vorhandene Salmiak kann in höheren Dosen den Magen übersäuern und zu Übelkeit, Erbrechen und neurologischen Störungen führen.
Risikogruppen sollten verzichten
Wer einen sehr hohen Blutdruck hat, wer unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberkrankheiten oder an Diabetes leidet, sollte Lakritz nur sehr zurückhaltend konsumieren.
Auch Schwangere sollten kein Lakritz essen, weil sich Glycyrrhizin negativ auf die embryonale Entwicklung auswirken, indem es Funktionen der Plazenta beeinflussen kann.
Glycyrrhizin soll auch die Produktion von Testosteron beeinflussen. Ob das beim Mann zur Impotenz führen kann ist umstritten, aber Männer, die unter einem Testosteronmangel leiden, sollten vorsichtshalber auf Lakritz verzichten.