Darum steigen die Fälle von Geschlechtskrankheiten – DW – 15.12.2023

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Darum steigen die Fälle von Geschlechtskrankheiten – DW – 15.12.2023


Einige Geschlechtskrankheiten wie etwa Syphilis oder Gonorrhö, auch bekannt als Tripper, können im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen. Deshalb ist es wichtig, erste Symptome zu erkennen, damit eine Diagnose erfolgen und eine entsprechende Therapie begonnen werden kann.

Meist treten in einem Zeitraum von fünf bis 21 Tagen rote Flecken und Knoten dort auf, wo der Erreger in den Körper eingedrungen ist, also am Penis, am After, der Scheide, nach Oralsex auch im Rachen. Allerdings können auch bis zu drei Monate nach der Ansteckung vergehen, bis sich die Infektion auf diese Weise bemerkbar. Das macht eine schnelle Diagnose der Syphilis schwierig. Und so gilt sie auch als das Chamäleon der Medizin.

Bei einer Infektion mit Gonorrhö zeigen sich zunächst Rötungen und Schwellungen an der Mündung zur Harnröhre. Beim Urinieren haben Infizierte oft Schmerzen. Hinzu kommt eitriger Ausfluss. 

Die weltweit am häufigsten übertragene Geschlechtskrankheit ist allerdings die Infektion mit Chlamydien. Die Erkrankung verläuft häufig ohne Symptome und wird deshalb häufig erst dann diagnostiziert, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt: Eine Chlamydien-Infektion kann zu Unfruchtbarkeit führen. Jährlich kommt es zu etwa 127 Millionen Neuinfektionen, so die Schätzung der WHO.

Starker Anstieg der Infektionen

Vor allem die Fallzahlen von Gonorrhö und Syphilis sind in den letzten beiden Jahren weltweit wieder gestiegen. Ursachen dafür gebe es viele, sagt Norbert Brockmeyer, Präsident der deutschen STI-Gesellschaft, der Gesellschaft zur Förderung Sexueller Gesundheit. „In den westlichen Ländern hat der Anstieg teilweise damit zu tun, dass wieder häufiger getestet wird. So kommt es natürlich auch zu höheren Zahlen.“

Laut Robert-Koch-Institut hat sich die registrierte Zahl der Syphilis-Infektionen zwischen 2010 und 2022 allein in Deutschland mehr als verdoppelt, von 4077 auf 8309 Fälle. Auch in Kanada und auch in den USA ist der Trend eindeutig. „In den letzten zwei, drei Jahren hat es in den USA dramatische Anstiege der Syphilis-Infektionen bei Frauen gegeben, vor allem bei schwangeren Frauen“, erklärt Brockmeyer. Im frühen Stadium einer Syphilis-Infektion kann die Schwangere die Erreger auf das Ungeborene übertragen, Fehl- und Totgeburten können die Folge sein oder das Baby kommt blind oder taub zur Welt. 

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Syphilis kann von der Mutter auf das Ungeborene übertragen und für das Baby lebensgefährlich werdenBild: Remo Casilli/REUTERS

Die US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) registrierte im Jahr 2022 178.000 Fälle von Syphilis, davon etwa 3760 Babys. Das ist eine Steigerung um das Zehnfache, verglichen mit 2012.

Und während es in den meisten europäischen Ländern relativ verlässliche Zahlen zu den Infektionsraten gibt, finden sich in Entwicklungsländern kaum umfassende Dokumentationen.

Nicht nur Syphilis und Gonorrhö, auch andere sexuell übertragbare Infektionskrankheiten nehmen deutlich zu. Darunter Hepatitis B, eine Erkrankung, die ebenfalls oft nicht sofort diagnostiziert wird. Bei etwa 70% aller mit Hepatitis infizierten Personen verläuft die Erkrankung ohne oder mit unspezifischen Symptomen, wie etwa Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Erst im späteren Verlauf können sich Augen und Haut gelb färben, der Urin kann dunkel werden. In den meisten Fällen heilt Hepatitis B von selbst aus. In seltenen Fällen wird die Infektion chronisch und kann dann allerdings zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen. 

Es gibt immer mehr Resistenzen

Verantwortlich für die Infektion mit einer STI sind verschiedene Erreger, meist Bakterien, die mit Antibiotika behandelt werden. Und hier nehmen die Resistenzen zu. „Die Infektionen mit resistenten Erregern spielen eine enorm große Rolle“, so Brockmeyer.

„Bei Gonokokken, den Auslösern der Gonorrhö, sind die Resistenzraten weiter angestiegen, so dass wir immer häufiger Probleme mit der Therapie haben. Die Frage ist: Welche wirksamen Medikamente stehen uns noch zur Verfügung? Bezüglich Gonokokken sind das recht wenige, und die Situation ist weltweit ähnlich.“

Kriege und Katastrophen als Ursachen

Für sexuell übertragbare Infektionen in Afrika liegen nur geschätzte Daten vor. „Wir können davon ausgehen, dass gerade in afrikanischen Ländern die sexuell übertragbaren Infektionen deutlich angestiegen sind, denn diese Regionen sind stark von Kriegen, von Dürre und von Migration betroffen, und es gibt kaum die medizinische Versorgung“, beschreibt Brockmeyer die Situation.

Viele Menschen lebten auf engem Raum zusammen, oft gebe es keine ausreichende medizinische Versorgung. All das trage dazu bei, dass die Zahlen nach oben gehen, so Brockmeyer. „In Ländern wie beispielsweise Uganda oder Kenia, wo viele erfolgreiche Maßnahmen durchgeführt wurden, hat es durch Kriege, aber auch durch den Klimawandel wieder große Rückschritte gegeben.“

In good shape – Sexuelle Gesundheit

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Sexuelle Gesundheit immer noch Tabuthema

Nicht nur in Entwicklungsländern, auch in Europa sind viele Menschen nicht ausreichend über sexuell übertragbare Infektionen informiert. „Das Wichtigste ist, dass Diagnosen schnell getroffen werden können. Je früher es eine Diagnose gibt, desto früher kann behandelt werden“, sagt Brockmeyer. Sexuelle Gesundheit mache einen großen Teil der allgemeinen Gesundheit aus, aber es sei eben noch immer ein Tabubereich. 

Der Glaube, bestimmte Krankheiten seien vor allem ein Problem weit entfernter Länder, täuscht in einer globalisierten Welt. „Corona hat gezeigt, dass Infektionen heute in China sind und morgen schon in Südafrika oder bei uns. Wir müssen Verantwortung für andere Länder übernehmen, die Gesundheitssituation dort verbessern und dafür sorgen, dass es weniger Infektionen gibt“, erklärt Brockmeyer. „Das sind Präventionsmaßnahmen, von denen alle Länder profitieren.“

Sie könnten auch dabei helfen, das Ziel der Vereinten Nationen zu erreichen. Bis 2030 sollen sexuelle Infektionen stark eingedämmt werden. Bei HIV

 



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