Köln. Der Opferanwalt Eberhard Luetjohann sieht eine wesentliche Verantwortung bei staatlichen Instanzen im Zusammenhang mit Missbrauchsdelikten, auch innerhalb der katholischen Kirche. „Die Justizminister haben höchstwahrscheinlich den weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften angewiesen, Verfahren einzustellen oder zu verzögern“, sagte Luetjohann der Kölnischen Rundschau (Montagausgabe und online): „Staatsanwälte haben Strafvereitelung im Amt begangen.“ Als Beispiel nannte er den Fall des ehemaligen Krankenhauspfarrers Hans U., der inzwischen aus dem Priesterstand entfernt wurde und dessen frühere Pflegetochter Luetjohann in einer Klage gegen das Erzbistum Köln vertritt.
Luetjohann sagte: „Im Fall U. haben Nichten des Pfarrers als Opfer ausgesagt, dann haben die Nichten die Anzeige unter Druck zurückgezogen. Und die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen ein! Als ob sexueller Missbrauch kein amtlich zu verfolgendes Verbrechen wäre, dem man nachgehen müsste.“ Weiterhin behauptete er, dass der Staat „der Hauptschuldige“ sei. In diesem konkreten Fall handele es sich jedoch um eine Amtshaftungsklage gegen das Erzbistum. Luetjohann, der für seine Mandantin 850.000 Euro verlangt, wies darauf hin, dass ihr Fall vor derselben Kammer des Kölner Landgerichts verhandelt werde, die bereits in einem früheren Schmerzensgeldprozess „falsch urteilt“ habe. „Wird Richter (Stefan) Singbartl den Mut haben zuzugeben, dass er damals einen Fehler gemacht hat?“
Das Gericht sprach einem Missbrauchsopfer, das von Luetjohann vertreten wurde, in einem viel beachteten Urteil 300.000 Euro zu, blieb jedoch weit hinter der Forderung des Klägers zurück. Luetjohann zog einen Vergleich zum Prozess des Komikers Oliver Pocher gegen einen Rapper: „50.000 Euro für Herrn Pocher, der geohrfeigt wurde. 300.000 für Herrn Menne, der eine Reihe von Vergewaltigungen erlitten hat! Können Sie sich eine schwerwiegendere Verletzung der Persönlichkeitsrechte vorstellen?“
Luetjohann geht davon aus, dass eine „anständige“ Entschädigung der Opfer die katholische Kirche bundesweit 2,5 Milliarden Euro kosten würde. Bisher wurden über die Unabhängige Anerkennungskommission nur 41 Millionen Euro gezahlt. „Die Alternative wäre, dass die Kirche nichts tut. Dann wird es eine Welle von Kirchenaustritten geben. Dann kann der Küster nur noch den Kölner Dom zuschließen.“
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