Mittelohrentzündung, Sepsis, Meningitis – sind diese Krankheiten bakteriell bedingt, werden Kinder oft mit Antibiotika behandelt. Aber weniger als 50 Prozent der Antibiotika sind überhaupt noch wirksam, so das Ergebnis einer australischen Studie, die von der Universität Sydney geleitet wurde.
Die Bakterien sprechen nicht mehr auf das Antibiotikum an, sind resistent. Neue und wirksame Mittel fehlen. Das kann gerade für Säuglinge und Kinder gefährlich werden, da ihre Immunabwehr noch unreif ist. Ihr Immunsystem kann sich noch nicht ausreichend gegen die eindringenden Bakterien wehren
Falsche Dosierung
Bei der Gabe von Antibiotika ist nicht nur die genaue Wahl eines Antibiotikums wichtig, sondern auch dessen Dosierung. Das kann bei Antibiotikasäften oft schwierig sein, die Säuglingen und Kleinkindern häufiger verordnet werden als Antibiotika in Tablettenform. Denn natürlich ist es einfacher, einem kleinen Kind einen Löffel Saft zu verabreichen als es dazu zu bewegen, eine Tablette zu schlucken.
„Es kann also passieren, dass Eltern unbeabsichtigt Fehler bei der Dosierung von Antibiotika machen. In 50 Prozent aller Fälle erhalten Kinder nicht die von der Ärztin oder dem Arzt verschriebene Menge“, sagt Johannes Hübner von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie.
Antibiotika sind nicht immer nötig
Handelt es sich um eine schwere bakterielle Infektion wie etwa um eine Infektion mit Streptokokken, um Harnwegsinfektionen oder um eine Infektion der Atemwege sind Antibiotika das Mittel der Wahl. Sie hemmen das Wachstum von Bakterien, ihre Vermehrung oder töten sie ab. Und Antibiotika wirken schnell – wenn sie denn wirken.
Eine weitere Infektion, die viele Säuglinge und Kinder durchmachen müssen, sind Mittelohrentzündungen. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind sie weltweit eine häufige und weit verbreitete Gesundheitsstörung bei Kindern.
Bei dieser Krankheit schwellen die Schleimhäute im Ohr an, vor allem in dem noch sehr feinen und kurzen Verbindungsgang, der Ohrtrompete. Sekret kann nicht mehr abfließen und drückt auf das Trommelfell. Das verursacht bei den Kindern starke Schmerzen. Mit Antibiotika lassen sich die Beschwerden relativ schnell beheben.

Gibt es Alternativen?
Bei einigen Infektionskrankheiten können auch Kräuter eingesetzt werden, die antimikrobiotische Eigenschaften haben. Dazu gehören etwa Knoblauch, Goldrute oder Echinacea. Auch Oreganoöl wirkt antimikrobiell. Bei Atemwegsinfektionen können Salzlösungen helfen. Bei Mittelohrentzündung ist das Zwiebel-Säckchen der Klassiker der Hausmittel.
Oft aber sind Antibiotika die beste Lösung. Ein Beispiel ist die Sepsis, die umgehend behandelt werden muss. Geschieht dies nicht, droht im schlimmsten Fall ein septischer Schock mit Organversagen, das zum Tod führen kann.
Eine Sepsis entsteht oft, wenn sich eine äußere Wunde infiziert. Bei Kindern ist das keine Seltenheit. Gelangen die Infektionserreger von dort in die Blutbahn oder in den Lymphkreislauf, kann sich die Infektion schnell im gesamten Körper ausbreiten, und der Zustand kann sich rapide verschlechtern.
Weltweit kommt es jedes Jahr zu etwa drei Millionen Fällen von Sepsis allein bei Neugeborenen. Etwa 570.000 von ihnen sterben.
Am Anfang steht die richtige Diagnose
Oftmals wird vergessen, dass nur eine bakterielle Infektion mit Antibiotika behandelt werden kann, eine virale Infektion jedoch nicht. Entsprechend wichtig ist es, die richtige Diagnose zu stellen. Das ist ein wichtiger Schritt bei der Behandlung.
Besonders dramatisch ist die Situation in Südostasien und im Pazifik. In Indonesien und den Philippinen sterben jedes Jahr Tausende von Kindern, weil Antibiotika wirkungslos sind.
„Zum einen stehen dort nicht immer alle Antibiotika zur Verfügung, die wir in Europa haben. Das andere ist die Diagnostik. Mittlerweile identifizieren wir bei uns sehr konsequent die Erreger und testen die Antibiotika-Empfindlichkeiten. Dann verwenden wir das Antibiotikum mit dem schmalsten Spektrum“, erklärt Johannes Hübner von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie.
Die Zahlen hätten gerade in den letzten 15 Jahren weltweit zugenommen. Aber neue Antibiotika lassen noch immer auf sich warten. „Die Forschung hat Antibiotika eine ganze Zeit lang vernachlässigt, denn die Antibiotikaforschung ist für die Pharmafirmen nicht profitabel“, so Hübner.