Eckdaten der Anhörung zum Thema Polizeianalyse

Am Montag, den 22. April 2024, fand im Paul-Löbe-Haus in Berlin eine Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat statt. Die Sitzung, die von 14 bis 16 Uhr dauerte, hatte zum Ziel, den Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur „Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden“ zu besprechen. Im Fokus stand die Entscheidung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat, die polizeiliche Analyse-Software Bundes-VeRA zu revidieren. Konkret war das Ministerium um die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Anfang Juli 2023 dazu übergegangen, die Einführung von Bundes-VeRA, einer Analyseplattform des US-Unternehmens Palantir Technologies, für das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei zu untersagen. Stattdessen wird eine eigene digitale Lösung angestrebt, die der deutschen Polizeiarbeit zugutekommen soll.

Ansichten der Experten über nationale Souveränität

Die Experten äußerten sich in der Anhörung kontrovers zur Frage der nationalen Souveränität in der Softwareentwicklung. Hans Christoph Atzpodien, vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, forderte eine national entwickelte Analyseplattform. Er betonte, es sei wichtig, die Fähigkeit zu erhalten, im Notfall selbstständig handeln zu können, anstatt abhängig von ausländischen Lösungen zu sein. Susanne Dehmel von Bitkom sah eine Neuentwicklung als zeitraubend und kostspielig an, räumte jedoch ein, dass dies bei spezifischen nationalen Sicherheitsanforderungen von Vorteil sein kann. Sie wies darauf hin, dass die Verwaltung großer Datenmengen, wie im Fall von Geldwäscheverdachtsfällen, nur mit leistungsfähiger digitaler Infrastruktur effektiv erfolgen kann, um das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen zu wahren. Ulrich Kelber, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, unterstrich die Wichtigkeit eigener Softwarelösungen, um die Grundrechte der Bürger zu schützen und potenzielle Risiken, die von privaten Anbietern ausgehen, zu minimieren. Diese Argumente wurden von Markus Löffelmann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung unterstützt, der die Selbstentwicklung einer Analyseplattform für nachvollziehbar hielt, um die Transparenz und Kontrolle über den Softwareeinsatz zu wahren.

Folgen der Entscheidung auf die Polizeiarbeit

Dirk Peglow, vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, äußerte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Analysefähigkeiten der deutschen Polizei. Er wies darauf hin, dass Verzögerungen bei der Implementierung neuer Analyseplattformen zu erheblichen Lücken in der Strafverfolgung führen können. Er betonte die Notwendigkeit, die digitale Souveränität zu wahren, jedoch merkte er auch an, dass es kurzfristig unrealistisch sei, konkurrenzfähige nationale Lösungen bereitstellen zu können. Dies stellt eine Herausforderung für die zukünftige Einsatzfähigkeit der Polizei dar.

Kritik an kommerziellen Anbietern

Die Verwendung von kommerziellen Anbietern, besonders von ausländischen Unternehmen wie Palantir, stößt bei verschiedenen Experten auf Kritik. Simone Ruf von der Gesellschaft für Freiheitsrechte wies darauf hin, dass der Einsatz von Software wie Bundes-VeRA tiefgreifende Eingriffe in die Grundrechte der Bürger ermöglichen kann. Derzeit fehlen rechtliche Rahmenbedingungen für deren Einsatz durch das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei. Christine Skropke von der secunet Security Networks AG forderte, dass bei kritischen Projekten auf nationale Lösungen gesetzt werden sollte, um finanzielle, technische und politische Risiken zu minimieren. Klaus Teufele vom Bayerischen Landeskriminalamt erinnerte daran, dass die gegenwärtige Fragmentierung der Datenbankinfrastruktur ineffizient ist, was die Ermittlungsarbeit erheblich erschwert. Er stellte fest, dass Palantir im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung als leistungsstarkes Unternehmen ausgewählt wurde. Schließlich betonte Roland Wagner vom Hessischen Ministerium, dass die Schaffung digitaler Souveränität zwar wichtig ist, aber nicht verhindern sollte, benötigte Technologien zeitnah zu nutzen, auch wenn sie nicht aus Deutschland stammen.

Fazit: Neue Wege in der polizeilichen Analyse

Die Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat zeigt die unterschiedlichen Perspektiven auf die Herausforderungen in der Softwareentwicklung für die deutsche Polizei. Die kontroversen Diskussionen um nationale Souveränität, Datenschutz und die Auswirkungen auf die Strafverfolgung verdeutlichen die Notwendigkeit, die richtige Balance zwischen technischer Unabhängigkeit und der praktischen Handlungsfähigkeit der Polizei zu finden. Die Meinungen der Experten reichen von der Dringlichkeit, eigene digitale Lösungen zu schaffen, bis hin zur Skepsis gegenüber dem Einsatz kommerzieller Software, was weitere Debatten über die zukünftige digitale Strategie der Sicherheitsbehörden in Deutschland anregen könnte.