Einleitung zur Anpassung der Betreuervergütung

Der Gesetzentwurf zur Anpassung der Vergütung für Betreuer und Vormünder, der in der Drucksache 19/8694 zu finden ist, hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Betreuerverbände haben die darin enthaltene geplante Erhöhung begrüßt, obwohl sie auch auf kritische Aspekte hingewiesen haben. Insbesondere wurde in einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am 6. Mai 2019 deutlich, dass die Anpassung dringend erforderlich ist. Vertreter der Verbände äußerten sich zur aktuellen Situation der Betreuungsvereine und der rechtlichen Betreuung in Deutschland. Die Schließung von Betreuungsvereinen und Büros ist eine zunehmende Herausforderung, die schnelles Handeln erfordert. Die Erhöhung ist jedoch nur ein erster Schritt in die richtige Richtung und stellt keine umfassende Lösung dar.

Berufsalltag und Arbeitsbelastung der Betreuer

Hülya Özkan, eine Berufsbetreuerin aus Bielefeld, beleuchtet in ihrer Darstellung den anspruchsvollen Alltag ihrer Tätigkeit. Sie betreut 43 Klienten, deren Alter von 19 bis 106 Jahren reicht und die aus unterschiedlichen Gründen auf rechtliche Betreuung angewiesen sind. Die Notwendigkeit, in diesen Fällen tätig zu werden, entsteht oft, wenn andere Hilfesysteme versagen. Eine Studie des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) hat ergeben, dass Berufsbetreuer aktuell 20 Prozent unbezahlte Mehrarbeit leisten. Diese Studie verdeutlicht zudem, dass eine Erhöhung von 24 Prozent bei der benötigten Zeit und 25 Prozent bei der Vergütung erforderlich wäre, um die tatsächlich geleistete Arbeit angemessen zu honorieren. Dies wirft Fragen zur Wertschätzung des Berufsstandes auf und verdeutlicht die Dringlichkeit einer ReformReform Eine Reform bezeichnet eine gezielte Veränderung oder Verbesserung bestehender Strukturen, Gesetze, Systeme oder Prozesse. Ziel ist es, Missstände zu beseitigen, Abläufe zu modernisieren oder gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen anzupassen. Reformen können einzelne Bereiche betreffen oder umfassende Veränderungen auslösen und entstehen oft aus gesellschaftlichem, technischem oder politischen Bedarf. #Erneuerung #Umgestaltung #Neuausrichtung #Strukturreform der Vergütungssystematik.

Einschätzungen zu den Erhöhungsvorschlägen

Thorsten Becker, Vorsitzender des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB), spricht sich für die Initiative zur Erhöhung der Betreuervergütung aus, sieht jedoch die tatsächliche Erhöhung als enttäuschend gering an. Laut Becker sind die vorgegebenen Bedingungen, die teilweise durch die Bundesländer angestoßen wurden, nicht ausreichend wertschätzend. Dennoch hat der BdB sich entschieden, den Gesetzentwurf zu akzeptieren, um eine schnelle Lösung nicht zu gefährden. Barbara Dannhäuser vom Katholischen Verband für soziale Dienste in Deutschland zeigt sich ebenfalls unzufrieden mit der fehlenden Weitreichung der Regelungen. Sie stimmte dem Entwurf zu, um eine längst überfällige Erhöhung nicht zu verhindern, bemängelt jedoch, dass die Anpassungen nicht ausreichen. Karina Schulze vom Paritätischen Gesamtverband äußert Ähnliches und erklärt, dass die jetzigen Regelungen lediglich als Übergangslösung angesehen werden können.

Warnungen hinsichtlich Kosten und Refinanzierung

Ein zentrales Argument in der Diskussion ist der unzureichende Refinanzierungsbedarf der Betreuungsvereine. Lydia Hajasch von der Bundesvereinigung Lebenshilfe betont, dass die vorgeschlagenen Regelungen den tatsächlichen Aufwand nicht decken. Dies wirft auch die Frage auf, wie verschiedene Betreuungsformen, insbesondere derer für Menschen mit Behinderungen, berücksichtigt werden. Dannhäuser hebt hervor, dass die angestrebte Erhöhung von 17 Prozent nicht mit den steigenden Personalkosten Schritt halten kann, die bereits bei mindestens 25 Prozent liegen. Zudem wird die Forderung nach einer Dynamisierungsregelung, die im Gesetzentwurf nicht enthalten ist, als unzureichend erachtet. Die Evaluierung nach vier Jahren scheint den Experten ebenfalls zu spät. Sie befürchten, dass notwendige Anpassungen erst nach zwei bis drei weiteren Jahren Realität werden könnten.

Positionen und Handlungsempfehlungen von Fachleuten

Walter Klitschka vom Bundesverband freier Berufsbetreuer warnt vor einem möglichen Aussterben des Berufsstands, falls keine nachhaltige Existenzsicherung gewährleistet wird. Die Anpassung der Vergütung müsse zum 1. Juli 2019 erfolgen, da die Länder über die anstehenden Mehrausgaben seit Jahren informiert sind. Die Dringlichkeit dieser Anpassung wird auch von Peter Winterstein, Vorsitzender des Betreuungsgerichtstags, unterstützt. Winterstein sieht in der Erhöhung eine lange überfällige Maßnahme, fordert jedoch weitere Änderungen am Vergütungssystem. Prof. Dr. iur. Tobias Fröschle von der Universität Siegen erklärt, dass das neue System eine Verbesserung mit sich bringe, dennoch bleibe vieles unklar. Die Notwendigkeit einer Anpassung dürfe nicht von der umfassenden Neuregelung des Vergütungssystems abhängen, da dies die Existenz vieler Betreuungsvereine gefährden könnte.

Forderung nach Sicherheitsmaßnahmen in der Betreuung

Adelheid von Stösser von Transparency International Deutschland fordert wirksame Maßnahmen, um Korruption im Bereich der rechtlichen Betreuung zu verhindern. Sie unterstreicht, dass die aktuellen Diskussionen oft die Eigeninteressen gewerblicher Akteure in den Vordergrund stellen und nicht den notwendigen Schutz der Betroffenen. Um eine Erhöhung der Vergütung zu ermöglichen, müssten zuerst Sicherheitsmaßnahmen implementiert werden. Dazu gehören bundesweit einheitliche Sicherheitsstandards und eine Begrenzung der Betreuungen pro Betreuer, um ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit zu gewährleisten.

Fazit: Dringende Notwendigkeit zur Reform

Der Gesetzentwurf zur Erhöhung der Vergütung für Betreuer und Vormünder ist ein Schritt in die richtige Richtung, bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die zahlreichen kritischen Stimmen der Experten verdeutlichen die Dringlichkeit einer umfassenden Reform, um die Arbeitsbedingungen der Betreuer zu verbessern und die Qualität der Betreuung langfristig sicherzustellen. Es ist unerlässlich, die finanzielle und strukturelle Grundlage für die rechtliche Betreuung in Deutschland nachhaltig zu stärken.