Steigende Erwerbsquote unter wohnungslosen Menschen

Eine aktuelle Analyse der BAG Wohnungslosenhilfe zeigt einen Anstieg beim Anteil wohnungsloser Menschen, die regulär beschäftigt sind. Im Jahr 2023 sind 13 Prozent der Menschen, die Hilfe bei der Wohnungsnotfallhilfe suchen, in einem Arbeitsverhältnis. Dies ist ein signifikanter Anstieg im Vergleich zu 10 Jahren zuvor, als nur 8,4 Prozent der Betroffenen erwerbstätig waren. Besonders auffällig ist die Situation unter Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, bei denen sogar jeder fünfte wohnungslose Mensch eine oft prekäres und zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis hat. Diese Entwicklungen werfen ein Licht auf die Komplexität der Wohnungsnotlage in Deutschland und deren Ursachen.

Der Bericht hebt auch hervor, dass 2023 der Anteil der wohnungslosen Menschen ohne deutschen Pass auf 38 Prozent gestiegen ist. Diese Zahl spiegelt einen Höchststand wider, der auf verschiedene Migrationsbewegungen zurückzuführen ist. Insbesondere die Zuwanderung aus ost- und südosteuropäischen Beitrittsländern sowie die Fluchtmigration seit 2015, darunter auch Menschen aus der Ukraine, tragen zu diesem Anstieg bei. Solche demografischen Veränderungen erfordern ein Umdenken in der Sozialpolitik und einen gezielten Umgang mit den Herausforderungen von Migration und Wohnungslosigkeit.

Herausforderungen für Migranten in der Wohnungsnot

Laut dem Bericht der BAG gibt es zahlreiche Gründe, die für den hohen Anteil wohnungsloser Menschen ohne deutschen Pass verantwortlich sind. Hauptfaktoren sind fehlende Anerkennung ausländischer Qualifikationen, Sprachbarrieren und der eingeschränkte Zugang zu Sozialleistungen. Diese Aspekte führen häufig zu prekären Arbeitsbedingungen, die den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum weiter erschweren. Joachim Krauß, Fachreferent für Migration bei der BAG, beschreibt diesen Zusammenhang als einen Teufelskreis: Mangelnde Qualifikation führt zu unzureichendem Einkommen, und ohne die finanziellen Mittel wird die Suche nach einer geeigneten Wohnung massiv erschwert.

Besonders hervorgehoben wird die Lebenssituation von EU-Bürgern in Deutschland, die oft in einfachen Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, beispielsweise in der Bau- oder Landwirtschaftsbranche, und unter prekären Wohnverhältnissen leiden. Oft wird ihnen nach einem Arbeitsunfall der Zugang zu Einkommen und somit auch zu einem eigenen Wohnraum verweigert. Zudem kritisiert Krauß die Versäumnisse vieler Kommunen, ihrer Verantwortung nachzukommen, um wohnungslosen Menschen adäquaten Wohnraum bereitzustellen.

Familien in der Wohnungsnot

Ein besorgniserregender Aspekt des Berichts ist der hohe Anteil von Familien unter den wohnungslosen Menschen. Derzeit leben etwa 11 Prozent aller aufgezeichneten Personen mit mindestens einem Kind in einem Haushalt. Innerhalb der ausländischen wohnungslosen Bevölkerung liegt dieser Wert sogar bei 18 Prozent. Die Hauptgründe für den Verlust der Wohnung sind Miet- und Energieschulden, gefolgt von Konflikten innerhalb des Wohnumfelds, Trennung oder Scheidung sowie dem Bedürfnis nach einem Ortswechsel. Der Prozess der Wohnungslosigkeit beginnt häufig mit einer Kündigung des Vermieters, gefolgt von Räumungsklagen und eventuell einer Zwangsräumung, sollten die Betroffenen nicht in der Lage sein, ihre Wohnung rechtzeitig zu verlassen.

Die Vielzahl an betroffenen Familien verdeutlicht die Dringlichkeit, Maßnahmen zur Unterstützung dieser vulnerablen Gruppe zu ergreifen. Lösungen müssen nicht nur die akute Wohnungsnot adressieren, sondern auch langfristige Strategien zur Stabilisierung von Familien in Krisensituationen bieten.

Forderungen nach sozialem Wohnungsbau

Die BAG fordert im Hinblick auf die Ergebnisse des Berichts einen massiven Ausbau des sozialen Wohnraums. Susanne Hahmann, die Vorsitzende der BAG, betont die Notwendigkeit, migrationssensible Angebote in der Wohnungslosenhilfe zu integrieren und einen diskriminierungsfreien Zugang zum regulären Wohnungsmarkt zu gewährleisten. Allerdings reicht dies allein nicht aus; ohne einen signifikanten Anstieg im Angebot an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland werden Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit nicht nachhaltig wirksam sein. Das Modell „Housing First“, bei dem wohnungslosen Menschen Wohnungen ohne Vorbedingungen bereitgestellt werden, wird als eine mögliche Lösung genannt, doch die Anzahl der verfügbaren Wohnungen ist oft dramatisch niedrig.

Die Missverständnisse rund um das Thema Wohnungslosigkeit müssen ebenfalls angegangen werden. Es ist wichtig zu betonen, dass Wohnungslosigkeit nicht gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit ist. Viele wohnungslose Menschen wohnen zunächst bei Bekannten oder in Notunterkünften. Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass zum Stichtag 31. Januar 2025 rund 474.700 Menschen in Übergangswohnraum untergebracht waren, was einem Anstieg von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit, die Ursachen der Wohnungslosigkeit anzugehen sowie nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Fazit: Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes

Die Ergebnisse des Berichts der BAG Wohnungslosenhilfe verdeutlichen die komplexen Herausforderungen im Zusammenhang mit Wohnungslosigkeit in Deutschland. Es bedarf umfassender strategischer Ansätze, um die soziale Lage von wohnungslosen Menschen, insbesondere von Migranten und Familien, grundlegend zu verbessern. Diese Strategien sollten nicht nur sozialpolitische Maßnahmen umfassen, sondern auch einen signifikanten Ausbau von bezahlbarem Wohnraum und den Abbau von Diskriminierung im Wohnungsmarkt. Nur durch ganzheitliches Handeln kann effektive Hilfe geleistet werden.