Einführung in die KI-Compliance für Unternehmen

Die Einführung des europäischen KI-Gesetzes bringt weitreichende Änderungen für Unternehmen mit sich, insbesondere in Deutschland. Ab dem 2. August 2026 müssen Organisationen, die Hochrisiko-KI-Systeme betreiben oder entwickeln, strenge Anforderungen erfüllen. Dieses Gesetz reagiert auf die steigenden Herausforderungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, insbesondere in sensiblen Sektoren wie kritischer Infrastruktur oder Personalwesen. Für viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die oft nicht über umfangreiche Rechtsabteilungen verfügen, war die Unsicherheit über die neuen Regelungen ein erheblicher Hemmschuh. Um diesen Unternehmen zu helfen, haben die Bundesnetzagentur und die EU verschiedene Tools zur Unterstützung eingeführt.

Der KI-Compliance-Kompass der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur hat ein interaktives Online-Tool, den „KI-Compliance-Kompass“, entwickelt. Dieses Tool richtet sich gezielt an kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups und ermöglicht ihnen, eine erste Einschätzung ihrer KI-Systeme vorzunehmen. Über einen Selbsttest beantworten die Unternehmen Fragen zu den Anwendungen und Fähigkeiten ihrer KI-Technologien, woraufhin das Tool eine Rückmeldung gibt, ob diese unter das KI-Gesetz fallen und in welche Risikokategorie sie eingeordnet werden können. Das Tool legt besonderen Wert auf längst verbotene KI-Praktiken und die Identifizierung von Hochrisiko-Systemen. Die Fähigkeit, komplexe regulatorische Informationen in klare Fragen zu übersetzen, stellt für viele Unternehmen einen wertvollen ersten Schritt dar. Obwohl die Ergebnisse des Kompasses nicht rechtsverbindlich sind, ermöglichen sie den Unternehmen, teure rechtliche Beratungen in der initialen Phase zu minimieren.

EU-unterstützende Maßnahmen für KMU

Auf europäischer Ebene ergänzen die neu geschaffenen Ressourcen der EU die nationalen Initiativen. Das EU-KI-Büro hat einen eigenen Compliance-Checker sowie einen Service-Desk eingerichtet, der speziell auf die Anforderungen des gesamten Binnenmarktes abgestimmt ist. Ein zentraler Aspekt dieser europäischen Werkzeuge ist die Unterscheidung zwischen Anbietern und Betreibern von KI-Systemen, was erhebliche Auswirkungen auf die Haftungsfragen hat. Während Unternehmen, die hochriskante KI-Anwendungen entwickeln, umfassendere Pflichten haben, können Unternehmen, die Standardanwendungen nutzen, mit geringeren Anforderungen rechnen. Außerdem kommen die neuen Regeln für Allgemeine KI-Modelle (GPAI) ins Spiel, die ab August 2025 gelten. Diese betreffen die Anforderungen an Hersteller leistungsfähiger KI-Modelle, die umfangreiche technische Dokumentationen erstellen und Urheberrechte sicherstellen müssen.

Handlungsbedarf für Unternehmen

Fachleute warnen vor einer passiven Haltung gegenüber den neuen Anforderungen. Die Zeit, die erforderlich ist, um geeignete Qualitätssicherungssysteme und Richtlinien zur Datenverarbeitung aufzustellen, ist erheblich. Unternehmen, die sich nicht rechtzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen, laufen Gefahr, hohe Strafen zu kassieren. Verstöße gegen das KI-Gesetz können mit Bußgeldern von bis zu 35 Millionen Euro oder 7 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden – je nachdem, welcher Betrag höher ist. Die neuen Compliance-Tools bieten eine wertvolle Gelegenheit für Unternehmen, Schwachstellen frühzeitig zu ermitteln und ihre Strategien entsprechend anzupassen. Der Präsident des Digitalverbands Bitkom hebt hervor, dass praktische Unterstützung entscheidend ist, um zu verhindern, dass diese regulatorischen Vorgaben zur Innovationsbremse werden.

Von der Selbsteinschätzung zur formalen Zertifizierung

Die Reaktionen der Branche auf die neuen Tools sind positiv, jedoch bleibt eine gewisse Vorsicht bestehen. Rechtsexperten betonen, dass diese Werkzeuge zwar eine gute erste Einschätzung bieten, jedoch keine umfassende Rechtsberatung ersetzen können. Die Besonderheiten spezifischer Algorithmen und Datensätze erfordern in vielen Fällen eine eingehende Prüfung durch Fachleute. In den kommenden Monaten könnte der Fokus verstärkt auf die Zertifizierung von Hochrisiko-Systemen verlagert werden. Mit dem bevorstehenden Termin 2026 wird auch die Nachfrage nach unabhängigen Organisationen, die diese Bewertungen vornehmen dürfen, ansteigen. Die gegenwärtige Phase der Selbsteinschätzung ist ein notwendiger Schritt zur Vorbereitung auf die formalen Prüfungen. Besonders für Start-ups eröffnet sich die Möglichkeit, durch die frühe Einhaltung der EU-Standards für „vertrauenswürdige KI“ einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. In einem Markt, in dem Datenschutz und algorithmische Sicherheit zunehmend an Bedeutung gewinnen, könnte dies entscheidend sein.

Fazit: Dringlichkeit der Vorbereitung auf das KI-Gesetz

Die bevorstehenden Anforderungen des KI-Gesetzes erfordern ein zügiges Handeln von Unternehmen, insbesondere im Mittelstand. Die neuen Tools von Bundesnetzagentur und EU bieten wertvolle Hilfestellungen, um regulatorische Unsicherheiten zu verringern und die erforderlichen Schritte zur Compliance zu definieren. Unternehmen sollten diese Gelegenheiten nutzen, um sich rechtzeitig auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, um sowohl Strafen zu vermeiden als auch ihre Innovationskraft zu erhalten.