Gedenken an den Völkermord von Srebrenica

Der Bundestag hat in einer Debatte an den 30. Jahrestag des Völkermords von Srebrenica erinnert. Dieser Anlass war von intensiven Diskussionen geprägt, die teils emotional ausfielen. Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf hinterfragte den Genozidbegriff und stellte in Frage, ob die Vereinten Nationen in die Geschehnisse von damals eingreifen sollten. Er kritisierte die Einstufung der Morde, die während des Bosnienkriegs stattfanden, als Genozid als politisch motiviert und historisch fragwürdig. Wolf äußerte die Ansicht, dass die Erinnerungskultur, die dem Land Bosnien und Herzegowina aufgezwungen werde, nicht zur Beruhigung der nationalen Spannungen beitrage. Zudem äußerte er Besorgnis über den Einfluss der Türkei auf das Land und stellte die Notwendigkeit einer Abwehr gegen eine angebliche Islamisierung der Bosniaken in den Raum.

Emotionale Reaktionen während der Debatte

Die Worte von Wolf stießen bei den Anwesenden auf scharfe Kritik. Zwei Überlebende des Genozids aus Srebrenica waren zugegen, und Bundesaußenminister Johann Wadephul trat unerwartet ans Rednerpult, um die Anwesenden darauf hinzuweisen, dass die Debatte nicht zum Nachteil der Opfer missbraucht werden sollte. Wadephul bedauerte, dass solche Diskussionen besonders für die Überlebenden und Angehörigen belastend seien. Er hob hervor, dass die Morde von Srebrenica als Höhepunkt des Bosnienkriegs von 1992 bis 1995 ein düsteres Kapitel in der europäischen Geschichte darstellen.

Die Geschichten der Überlebenden

Zu Beginn der Debatte erinnerte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner an die Rolle der Frauen von Srebrenica, die nach dem Massaker 1995 eine zentrale Rolle bei der Aufklärung der Verbrechen spielten. Drei Jahrzehnte nach den tragischen Ereignissen gelang es vielen Überlebenden, die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen zu finden und sie in Srebrenica würdevoll zu bestatten. Diese Bestattungen bieten den Frauen nicht nur eine Möglichkeit des Gedenkens, sondern auch der emotionalen Verarbeitung ihres Verlustes. Für viele von ihnen, wie die 74-jährige Fadila Efendic, bot der Gedenkfriedhof in der Nähe der Gräber eine Art inneren Frieden, nachdem sie in den Wirren des Krieges alles verloren hatten.

Das Massaker und seine Folgen

Am 11. Juli 1995 wurde Srebrenica, ein von den Vereinten Nationen geschütztes Gebiet, von serbischen Streitkräften überrannt. In der Folge wurden mindestens 8.000 bosniakische Männer und Jungen ermordet. Diejenigen, die versuchten zu fliehen, wurden brutal verfolgt. Frauen und Kinder wurden in Busse geladen und vertrieben. Die Täter versuchten, die Beweise für ihre Gräueltaten zu verwischen, indem sie die Leichname in hastig gegrabene Massengräber verbrachten.

Die Suche nach den Vermissten

Nach dem Krieg begannen die Überlebenden, ihre Angehörigen zu suchen, um ihnen eine angemessene Bestattung zu ermöglichen. Bis heute wurden fast 90 % der als vermisst gemeldeten Männer aus Hunderten von Massengräbern exhumiert. Die Entdeckung von Leichenteilen wird durch DNA-Analysen ergänzt. Der Gedenkfriedhof in Srebrenica, der 2003 eingeweiht wurde, entstand auf Drängen dieser Frauen, die sich weigerten, die Erinnerung an ihre Verwandten im Vergessen sinken zu lassen. Mehr als 6.700 Kremierungsüberreste wurden bis heute gefunden, darunter auch die von Efendics Ehemann und Sohn.

Rechtsprechung und Gerechtigkeit

Die Verbrechen von Srebrenica wurden von zwei UN-Gerichten als Völkermord eingestuft. Dutzende Frauen aus Srebrenica trugen durch ihre Aussagen vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal zur Verurteilung von fast 50 bosnisch-serbischen Kriegsverantwortlichen bei, die insgesamt mehr als 700 Jahre Haft erhielten. Dieser Prozess stellt einen wichtigen Schritt hin zur Gerechtigkeit dar, auch wenn die schmerzlichen Erinnerungen an den Verlust nie ganz vergehen werden.

Fazit: Ein bleibendes Erbe des Schmerzes

Die Überlebenden des Massakers tragen nicht nur die Last ihrer persönlichen Verluste, sondern auch die Verantwortung, die Erinnerung an das Geschehene wachzuhalten. Der Jahrestag der Ereignisse ist nicht nur ein Moment des Gedenkens, sondern auch eine Mahnung, um sicherzustellen, dass ähnliche Gräueltaten in der Zukunft verhindert werden. Trotz der fortwährenden Trauer und des ihn begleitenden Schmerzes bleibt der unerschütterliche Wille, dass Demokratie und Frieden in Bosnien und Herzegowina sowie in der Region bestehen bleiben.