Die lang erwartete Reform der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) nimmt konkrete Formen an. Der bisherige Ansatz der Artikelauslegung wird durch ein neues Konzept ersetzt, um nachhaltige Fonds klarer zu klassifizieren.

Aktuelle Missverständnisse der Artikel 8 und 9

Die bestehende Regelung der SFDR sieht keine eindeutige Kennzeichnung nachhaltiger Fonds vor. Momentan ordnen Fondsgesellschaften ihre Angebote eigenständig den jeweiligen Artikel der Verordnung zu. Die Artikel 8 und 9 beziehen sich in erster Linie auf die Transparenzpflichten und werden oft fälschlicherweise als feste Kategorien für nachhaltige Investitionen verstanden. Artikel 8 wird gemeinhin als „hellgrün“ und Artikel 9 als „dunkelgrün“ betrachtet, was jedoch irreführend ist. Ein klar definiertes Klassifizierungssystem, das die Nachhaltigkeitsmerkmale der Fonds transparent und vergleichbar darstellt, fehlt bislang. Die EU-Kommission hat nun den Reformvorschlag präsentiert, um diesen Zustand zu ändern und eine klare Struktur für nachhaltige Anlageprodukte zu schaffen.

Der Reformvorschlag zielt darauf ab, den bestehenden Transparenzrahmen für Fonds zu vereinfachen und künftig eine engere Verknüpfung mit anderen Regulierungen wie MiFID II oder PRIIPs herzustellen. Ein zentrales Anliegen ist die Bekämpfung des Greenwashing, welches in der Branche oft kritisiert wird. Dies soll durch verbindliche Ausschlüsse sowie klare, nachvollziehbare Kategorien erreicht werden. Die Ergebnisse der Marktanalyse durch die Analystinnen von Morningstar skizzieren, wie sich der europäische Fondsmarkt im Zuge dieser Reform verändern könnte.

Neue Produktkategorien als zentraler Ansatz

Die EU-Kommission plant, anstelle der bisherigen Artikel 8 und 9 drei neue Produktkategorien einzuführen. Diese umfassen

  • Transitions-Produkte (neuer Artikel 7): Hierbei müssen mindestens 70 Prozent des Portfolios messbare Transformationsziele verfolgen.
  • ESG Basics (neuer Artikel 8): In dieser Kategorie müssen 70 Prozent der Investments Nachhaltigkeitsfaktoren integrieren.
  • Sustainable-Produkte (neuer Artikel 9): Diese Kategorie erfordert, dass mindestens 70 Prozent der Anlagen mit spezifischen Nachhaltigkeitszielen übereinstimmen.

Die bisherige Definition für nachhaltige Investitionen, verankert in Artikel 2 (17) der SFDR, wird gestrichen. Diese Definition setzte voraus, dass eine nachhaltige Investition ökologischen oder sozialen Zielen dient und gleichzeitig keinen erheblichen Schaden verursacht. Die neue Struktur soll nun eindeutige Kategorien mit speziellen Anforderungen etablie-ren, um die Vergleichbarkeit der Fonds zu erhöhen. Einheitliche Ausschlusskriterien, wie etwa Kontroversen bei Waffen und Tabak, sollen über alle Kategorien hinweg verbindlich sein.

Die Auswirkungen dieser Reform dürften laut den Analystinnen erheblich sein. Mit der Neudefinition könnte der Markt für nachhaltige Fonds signifikant schrumpfen, insbesondere der jetzige Artikel-8-Bereich. Schätzungen deuten darauf hin, dass der Marktanteil dieser Fonds von 56 Prozent auf lediglich 32 bis 41 Prozent sinken könnte, abhängig von der genauen Auslegung der neuen Kriterien. Andererseits könnten Artikel-9-Fonds an Popularität gewinnen, da sie eine breitere Palette von Strategien abdecken können, was zu einem Anstieg des Marktanteils von derzeit 2,7 Prozent auf 7 Prozent führen könnte. Die sogenannten Transitionsfonds werden voraussichtlich ein Nischensegment bleiben, mit einer Prognose von lediglich 1,6 bis 3 Prozent.

Vereinfachte Offenlegungspflichten

Ein weiteres Ziel der Reform ist die Vereinfachung der Offenlegungspflichten. Zukünftig sollen Fondsgesellschaften nur noch für die neuen Kategorien Transitions- und Sustainable-Fonds PAI-Statements (PAI steht für Principal Adverse Impact) erstellen. Diese Statements sollen sich auf die wesentlichen Aspekte konzentrieren, anstatt umfassende Listen bereitzustellen. Die Verpflichtungen zur PAI-Analyse auf Unternehmensebene fallen vollständig weg, was von vielen Akteuren der Branche als ein überflüssiges und komplexes Verfahren angesehen wurde.

Zusätzlich soll die vorvertragliche Nachhaltigkeitsdokumentation auf maximal zwei Seiten gekürzt werden. Ein klar definierter Abschnitt über die Nachhaltigkeit des Produkts wird eingeführt. Für Fonds mit angestrebten Auswirkungen und damit verbundenen Kennzahlen wird eine zusätzlich Seite erforderlich sein.

Keine Bestandsschutzregelungen für Fonds

Ein wesentlicher Aspekt für Anbieter von Fonds: Bestehende Artikel-8- und Artikel-9-Fonds unterliegen nicht dem Bestandsschutz. Alle Fonds müssen sich nach Umsetzung der Reform erneut qualifizieren. Dies ist die zweite große Umklassifizierungswelle, nachdem bereits Ende 2022 zahlreiche Artikel-9-Fonds auf Artikel 8 heruntergestuft wurden.

Obwohl der Reformvorschlag bereits vorliegt, bleiben viele Punkte unklar. Wichtige Details müssen durch delegierte Rechtsakte geregelt werden. Dazu zählen insbesondere die genauen Kategorienamen und die spezifischen Kriterien für die neuen Nachhaltigkeitskategorien. Auch Unklarheiten bezüglich der PAB-Fonds und deren Einordnung in die neuen Kategorien sind derzeit nicht geklärt.

Fazit: Zukunfstmarkt für nachhaltige Fonds im Umbruch

Die Reform der SFDR markiert einen wesentlichen Wendepunkt im europäischen Fondsmarkt. Mit klareren Kategorien und vereinfachten Offenlegungspflichten soll die Transparenz und Vergleichbarkeit für Investoren erheblich verbessert werden. Gleichzeitig stehen Fondsanbieter vor der Herausforderung, sich an die neuen Vorgaben anzupassen. Die vollständige Implementierung und der Zeitplan sind derzeit noch abzuwarten, doch die angestrebten Änderungen könnten weitreichende Konsequenzen für den Markt nach sich ziehen.